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Einige Gedanken zu kultureller Nachhaltigkeit

 

Der ursprünglich aus der Forstwirtschaft stammende „ökonomische Ansatz“ einer nachhaltigen Bewirtschaftung des Waldes, das heißt der Absicherung der Zukunftsfähigkeit forstwirtschaftlicher Tätigkeit, ist in sehr unterschiedlichen Interpretationsansätzen seit den 1990er Jahren zum politisch-ökologischen Schlagwort oder gar manchmal Kampfbegriff transzendiert.
Nachhaltigkeit steht heute für den Versuch eine Balance zwischen Gebrauch, Nutzung und Vernutzung der gesamten Ressourcen eines Planeten zu finden und dabei die hierzu notwendigen Prozesse so zu organisieren, dass durch sie hervorgerufene Störungen das Gesamtsystem nicht bedrohen. Man könnte auch sagen, es ist ein Prozess einer sich verändernden Bedeutungszuschreibung: primäre Relevanz hat nur noch, was das gesamte System zukunftsfähig macht und für alle dort existierenden Lebewesen eine positive Existenzsituation hervorbringt.
Dieses stark reduzierte Bild ist natürlich gegenwärtig nicht realitätstauglich und steht im Gegensatz zu unserer Alltagsrealität und zu zahlreichen Verhaltensweisen unserer politischen Handlungsträger.

Welchen Platz hat Kultur oder besser gesagt Weltkultur in diesem Kontext?

Vom gedanklichen Ansatz her sind die kulturellen Welterbestätten quasi per Definitionen nachhaltig. Sie sind einmalige historische Zeugnisse sehr spezifischer menschlicher Verhaltensweisen, wobei jede einzelne symbolhaft für das gesamtkulturelle Handeln der Menschen zu verstehen ist. Ihnen wird gleichermaßen ein überzeitlicher Erhaltungsauftrag zugeschrieben. Das heißt, das Bewahren von Artefakten und das Entwickeln derselben, ohne diese zu zerstören oder zu vernutzen, ist Grundlage des Seins einer kulturellen Welterbestätte.
Kulturelles Welterbe scheint also per se nachhaltig zu sein- auch dieser Ansatz ist natürlich stark verkürzt, bietet aber eine bedenkenswerte Perspektive, wenn wir ihn in Beziehung zu unserer kulturellen Alltagspraxis setzen.

Schauen wir uns den umgebenden Raum an, so müssen wir feststellen, dass wir unsere Lebenswelt mit mehr oder weniger kurzlebigen Benutzeroberflächen überziehen, ohne uns die Frage zu stellen, wie sinnvoll oder für wie lange die vorgenommene Veränderung – die oft nicht reversibel ist – für uns oder für zukünftige Generationen ist. Kurz gesagt, der Nutzen unserer Maßnahmen ist oft auf historisch gesehen extrem knappe Zeiträume ausgelegt und muss in seiner Konsequenz eher als Verbrauch bezeichnet werden. In diesem Kontext begegnet uns des Öfteren der Begriff des Landschaftsverbrauchs, der eine zunehmende Überformung mit kurzfristigen Gebrauchsformen meint, die unwiederbringlich bestehende Ökosysteme zerstören.
Dem voraus gehen allerdings Ausdrucksformen der Mentalität und des Zeitgeistes, die den subjektiven Verbrauch quasi als selbstverständlichen Daseinszustand betrachten. Diese Herrschaft des Verbrauchs ist den meisten Menschen noch im Bereich der Erzeugung und Nutzung von Kriegsmaterial erklärlich. Die Produktion eines Panzers dient dem ausschließlichem Sinn selbigen oder einem anderen ähnlicher Bauart zu „Verbrauchen“.
Deutlich schwieriger nachvollziehbar ist für viele Menschen das „Verbrauchsgut Zeitgeist“. Zu erleben ist dieses in einer seit rund 40 Jahren stattfindenden komplexen Eventisierung des Landschaftraums. Mögen die ersten Baumwipfelpfade noch das höhere Ziel gehabt haben, die Flora und Fauna des Waldes aus einer anderen Perspektive näher zu bringen, so sind die Waldbewohner inzwischen vor der Vielzahl der Menschen längst ausgezogen und die Wipfelpfade mit Hochzeitsfeiern und Feuerwerken längst zur Eventlocation mutiert.

Wäre diese Umgangsform mit unseren Lebensraum nur privatwirtschaftlich organisiert, könnte man dies als systemische Entscheidung wohl noch hinnehmen. Indes werden mit öffentlichen Mitteln mitfinanzierte „Aussichtstürme ins Nichts“ oder „schwebende Brücken für Nervenkitzel“ erstellt, deren relevante Halbwertzeit deutlich unter der eines Menschen liegen dürfte. All diese Formen der sinnlosen Inszenierung des Alltags stehen in diametralen Gegensatz zu einer nachhaltigen Entwicklung. Getragen sind diese Prozesse – jenseits ökonomischer Interessen – von einer Mentalität der „Unmittelbarkeit“, das heißt von dem Bedürfnis etwas vermutlich Erwünschtes quasi von heute auf morgen zu realisieren, ohne es auf seine Sinnfälligkeit oder seinen langfristigen Nutzwert zu überprüfen.

Nachhaltigkeit im Umgang mit unseren kulturellen Ressourcen erfordert den Willen zur Reflexion, zur Abkehr von einer „Amazon-Mentalität“ und die Bereitschaft die Dinge des Tuns auf ihren langfristigen Nutzen zu hinterfragen. Soziale, ökologische und kulturelle Nachhaltigkeit ist nur dann zu realisieren, wenn man den „Zeitgeist gegen den Strich bürstet“.

Ein Fotowalk im Erzbergwerk Rammelsberg

Ein Gastbeitrag vom Grubenführer und Profi-Fotografen Stefan Sobotta

Ein Fotowalk im Erzbergwerk Rammelsberg ist ein einzigartiges Erlebnis, das sich allen Fotograf:innen empfiehlt. Es ist nicht nur ein Ort von historischer Bedeutung, sondern auch ein Ort, an dem das Leben der Bergleute durch die Fotografie sichtbar gemacht werden kann.

Bereits beim Betreten des Bergwerks wird klar, dass dies kein gewöhnlicher Ort ist. Die Dunkelheit und die ungewöhnliche Akustik der Stollen schaffen eine Atmosphäre, die den Besucher sofort in eine andere Welt entführt. Die Enge untertage, die schweren Maschinen und das Gestein, das von den Wänden herabzudrücken scheint, sind eine Herausforderung für die Fotograf:innen. Aber es ist auch eine Chance, die Lebenswelt der Bergleute und ihre Arbeit im Bergbau aus einer ungewöhnlichen Perspektive zu dokumentieren.

Bei diesen Veranstaltungen ist reichlich Zeit, alle Motive einzufangen. Zeit, die die Teilnehmenden genutzt haben, um ihren eigenen Stil umsetzen zu können und die Bilder zu machen, die sonst nicht möglich sind. Unterstützung bietet dabei Grubenführer und Medienprofi Stefan Sobotta, der die meisten Fotos und Videos im Marketing von Erzbergwerk und Stiftung Welterbe im Harz erstellt hat. Er kennt die Geheimnisse des authentischen Ortes und ist gleichzeitig perfekt in der Kamerabeherrschung. Mit Stefan Sobotta ging es zum Rammelsbergschacht, an das letzte vorhanden Kunstrad, in 200 Jahre alte Stollen mit ihren bunten Vitriolen und in die Stille der inneren Umfahrung. Orte, an die normale Gäste sonst nicht kommen.

Kunstrad © Susanne Borkott

Das Fotografieren im Bergwerk macht besonders viel Spaß, weil man hier eine Vielzahl von Techniken anwenden und ausprobieren kann. Im Dunkeln zu fotografieren erfordert ein Verständnis für Belichtungszeit, Blende und ISO-Empfindlichkeit. Aber es ist auch eine Chance, die Technik des Lightpaintings anzuwenden. Beim Lightpainting wird mit einer Lichtquelle eine Langzeitbelichtung gemacht, um spektakuläre Effekte zu erzielen. Dadurch lassen sich im Bergwerk wunderschöne Bilder von den Maschinen, den Gängen und den Felsen kreieren, die man so nirgendwo anders findet. Eine Grubenlok wird so lebendig, die Strukturen der Schachtanlagen am Rammelsberg treten ebenso hervor wie farbige Vitriole in den alten Stollen.

Lightpainting © Julian Wacknitz

Das Fotografieren im Dunkeln birgt jedoch auch Herausforderungen. Das schwache Licht erfordert lange Belichtungszeiten, was bedeutet, dass die Kamera stabil gehalten werden muss, um Verwacklungen zu vermeiden. Es ist auch schwierig, das richtige Gleichgewicht zwischen Licht und Schatten zu finden. Aber diese Herausforderungen bieten auch Chancen, um kreativ zu werden und neue Techniken auszuprobieren. Die Fotograf:innen haben sich begeistert in diese Aufgabe gestürzt und spannende Ergebnisse mit nach Hause genommen.

Die besondere Atmosphäre in den Stollen ist dabei schwer in Worte zu fassen. Es ist ein Ort, an dem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint und an dem man das Gefühl hat, dass man allein mit der Geschichte des Bergwerks ist. Die Geräusche der Maschinen und das Tropfen des Wassers schaffen eine ungewöhnliche Akustik, die den Besucher in eine andere Welt entführt. Die Atmosphäre ist so besonders, dass man sie am besten selbst erleben muss. Es ist ein inspirierender Ort, der mit allen Sinnen erfasst werden kann.

Schwarzweiß Bildauswahl © Kerstin Kumpe

Insgesamt ist ein Fotowalk im Erzbergwerk Rammelsberg ein einzigartiges Erlebnis, das sich allen Fotograf:innen empfiehlt. Es ist ein Ort, an dem die Lebenswelt der Bergleute sichtbar gemacht werden kann und an dem man seine Fähigkeiten verbessert und neue Ideen entwickelt. Die Herausforderungen des Fotografierens im Dunkeln bieten Chancen, um kreativ zu werden und neue Techniken auszuprobieren. Die besondere Atmosphäre in den Stollen ist ein unvergessliches Erlebnis, das man so schnell nicht vergisst.

Gemeinsam sind wir stärker!

Schulkooperationen und SCHULE:KULTUR! am Rammelsberg 

Die Grundlage eines jeden Museums und im Besonderen einer jeder Welterbestätte ist deren Bildungsarbeit. Die wichtigste Zielgruppe sind hier Schüler:innen aller Altersstufen und Schulformen. 

Die unmittelbare Begegnung mit dem authentischen Ort, den originalen Zeugnissen und Objekten fördert deren kulturelle Kompetenz und bereichert und ergänzt die schulische Unterrichtsgestaltung. 

Am Rammelsberg gibt es seit nunmehr 25 Jahren Schulpartnerschaften, doch die Zusammenarbeit mit Schulen wurde im Laufe der Jahre stetig intensiviert, evaluiert und professionalisiert. 

Seit Jahren nutzen wir zudem die Unterstützung durch zusätzliche Projekt-Fördermitteln des Landes Niedersachsen, zum Beispiel durch das Programm SCHULE:KULTUR! Niedersachsen. Dessen Ziel es ist, einen ganzheitlichen Schulentwicklungsprozess durch Kulturelle Bildung anzustoßen. Dabei soll Kulturelle Bildung ein Lernprinzip und Gestaltungselement im gesamten Schulalltag werden. Kulturelle Methoden werden in den Unterricht aller Fächer integriert.

Dieses ganzheitliche Prinzip deckt sich auch mit den Bildungsrichtlinien der Welterbe-Bildung! 

Schule:Kultur! © Schule:Kultur!

Zwei wichtige Schulpartner, mit denen wir aktuell kooperieren sind die Adolf-Grimme-Gesamtschule Goslar und die Berufsbildenden Schulen Goslar-Baßgeige/Seesen: 

Die Kooperation mit der Adolf-Grimme-Gesamtschule, Goslar besteht seit elf Jahren und sie begann mit einer großen lebendigen Projektwoche, die Schüler:innen, Lehrer:innen und Eltern gleichermaßen begeisterte. Sehr bald beschlossen wir, dass diese Zusammenarbeit dauerhaft sein sollte und formulierten einen gemeinsamen Kooperationsvertrag. Darin festgehalten wurde, dass es das oberste Ziel unserer gemeinsamen Arbeit sei, den Schüler:innen das Weltkulturerbe nahezubringen. Sie sollten ihr Kulturerbe vor Ort mit allen Sinnen erfahren, begreifen und sich für dessen Schutz einsetzen. Zudem sollten sie sich praktisch und theoretisch mit der Erhaltung von Gebäuden, Landschaft und Objekten auseinandersetzen und nicht zuletzt die Geschichte ihrer Stadt und deren enge Verknüpfung mit dem Bergbau kennenlernen. 

Nach ersten vielfältigen Projektideen, die gemeinsam entwickelt und durchgeführt wurden, wuchs das Bedürfnis, dieses Bildungs-Angebot fest in den Schulalltag zu integrieren, um dessen nachhaltige Wirkung zu verstärken. Zu diesem Zeitpunkt erfuhren wir von dem Förderprojekt Schule:Kultur!, das das Niedersächsische Kultusministerium, gemeinsam mit dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur und der Stiftung Mercator 2014 zum ersten Mal initiierte und von der Landesvereinigung für kulturelle Jugendbildung (LKJ) organisiert wurde. Wir bewarben uns und wurden für die dreijährige Förderung ausgewählt. Gemeinsam entwickelten wir in diesen drei Jahren einen kulturellen Schulentwicklungsplan, der noch heute wirksam ist. Denn obwohl die Förderung inzwischen längst ausgelaufen ist, ist die Zusammenarbeit im Laufe der Jahre noch gewachsen und zahlreiche gemeinsame Projekte in den Bereichen Musik, Theater, Naturwissenschaften, Bildende Kunst und Geschichte sind zum Wohle beider Bildungseinrichtungen entstanden. 

Inzwischen ist die Adolf-Grimme-Gesamtschule eine anerkannte UNESCO-Projektschule und der Rammelsberg unterstützte die Schule bei dem hierfür notwendigen Anerkennungsprozess. 

Da Welterbe-Vermittlung den Menschen dabei hilft, einfache Wahrheiten zu entlarven und Nationalismus zurückzudrängen, war es beiden Bildungspartnern ein wichtiges Anliegen, die Themen Nationalsozialismus und Zwangsarbeit aufzugreifen. So zum Beispiel 2019 bei einem Projekt in Zusammenarbeit mit der Abteilung „Bildung und Vermittlung“ des Rammelsberges und dem Bund Deutscher Kriegsgräberfürsorge. Schüler:innen der Gesamtschule entwarfen eine Gedenktafel für die ehemaligen Zwangsarbeiter und stellten diese auf dem Alten Goslarer Friedhof auf. 

Im vorigen Jahr initiierten der Rammelsberg und die Arbeitsstelle für Montanarchäologie des Landesamtes für Denkmalpflege Niedersachsen ein Ausgrabungsprojekt am ehemaligen Barackenlager für männliche Zwangsarbeiter in der Nähe der Tagesanlagen des Rammelsbergs. Nach einer gemeinsamen schulischen Einführung in die Thematik beteiligten sich die Schüler:innen an den Grabungsarbeiten, reinigten gefundene Objekte und halfen, gemeinsam mit den Fachwissenschaftlern, diese einzuordnen.  

In diesem Jahr bietet sich für den Rammelsberg und die Schüler:innen der Schule die einzigartige Gelegenheit sich an dem Projekt: „Young Climate Action for World Heritage“ zu beteiligen. Das Projekt ist bereits gestartet und wird vom Institute Heritage Studies, Berlin, in Zusammenarbeit mit der Deutschen UNESCO-Kommission und dem Netzwerk UNESCO-Projektschulen initiiert. In diesem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Projekt setzen sich Schüler:innen aus mehreren Ländern mit den Auswirkungen des Klimawandels auf das UNESCO-Welterbe auseinander. Derzeit arbeiten zwei Arbeitsgruppen an der von ihnen selbst gewählten kreativen Auseinandersetzung mit der Thematik. Eine Gruppe befasst sich mit der Erstellung eines Escape-Games für Schulklassen. Die anderen Schüler:innen schaffen Werke der Bildenden Kunst. Am Projektende ist eine Präsentation der Werke geplant. Doch das wichtigste Projektziel ist die Auseinandersetzung der Schüler:innen mit dem Klimawandel in Bezug auf das Welterbe im Harz und die somit entstehenden Bewältigungs- und Lösungsansätze im persönlichen Erleben und gesellschaftlichen Handeln. 

Schüler des Projektes Young Climate Action für Worls Heritage_ Klimawandel Workshop Harz. Foto: Rammelsberg

Auch die Kooperation mit der Berufsbildenden Schule Goslar-Baßgeige/Seesen besteht bereits einige Jahre, aber die Intensität der Zusammenarbeit wird momentan verstärkt. 

Vor vier Jahren führte der Fachbereich Gestaltung der Fachoberschule, gemeinsam mit der Abteilung „Bildung und Vermittlung“ des Rammelsberges, ein künstlerisches und vielschichtiges Fotoprojekt am Rammelsberg durch. Die bemerkenswerten Schüler:innenarbeiten hinterließen bei allen Beteiligten einen nachhaltigen Eindruck und so entwickelte sich schließlich der Wunsch nach einer intensiveren Zusammenarbeit. 

Die wichtigste inhaltliche Schnittmenge beider Bildungseinrichtungen ist die „Kultur der Arbeit“. Und sowohl die Schule, als auch die Welterbestätte sind überzeugt, dass Lehrer:innen, Schüler:innen und die „Bildung und Vermittlung“ am Rammelsberg vielschichtige neue Aktionen, Führungen, Projekte, Lerninhalte und Ideen entwickeln können, von denen beide Bildungsinstitutionen profitieren werden. 

Aus diesem Grund bewarben sich beide Institutionen bei dem Förderprojekt SCHULE:KULTUR! und inzwischen erhielten wir bereits den Zuschlag für die dreijährige Förderung. Eine erste gemeinsame Fortbildung, die für die Bildungspartner kostenfrei war, fand bereits in der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel statt. Des Weiteren startete ein Projekt mit dem Namen „Digitaler Rammelsberg“ mit Schüler:innen des Beruflichen Gymnasiums Technik und des Beruflichen Gymnasiums Wirtschaft der BBS Am Stadtgarten. In Kooperation mit der Abteilung „Bildung und Vermittlung“ des Rammelsbergs wird in diesem Schuljahr ein dreidimensionaler QR-Code oder RFID-Tag für den Rammelsberg entworfen. In den nächsten Wochen erwartet der Rammelsberg die ersten Schulklassen mit Sonderführungen für die Zweiradmechaniker.  

Schüler der BBS entwickeln erste Projektentwürfe für Rammelsberg Digital. Foto: Privat

Nach den Osterferien starten wir mit den Führungen für Lehrer:innen, die die einzigartige Möglichkeit haben, eigene Ideen für Projektvorschläge einzureichen und gemeinsam mit dem Rammelsberg zu entwickeln. 

Wir freuen uns sehr auf eine inspirierende, strukturierte und für die Schüler:innen lehrreiche und nutzbringende intensive Zusammenarbeit! Wir, das heißt beide Bildungspartner werden in den nächsten drei Jahren vielfältig über die Projekte berichten. 

Objektgeschichten: z.B. Büromaschinen aus der Bergwerksverwaltung

Historische Darstellungen zur Geschichte des Erzbergwerks Rammelsberg beschreiben überwiegend die Arbeit der Bergleute unter Tage. Die Arbeit über Tage, insbesondere die Verwaltungsarbeit in den Büros, findet in der Regel nur wenig Beachtung. Dabei werden die Aufgaben der Bergwerksverwaltung des Rammelsberges ab Ende des 18. Jahrhunderts immer umfangreicher. Sie erreichen nach der Gründung der Preussischen Bergwerks- und Hütten-AG (Preussag) 1923 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs einen ersten Höhepunkt.

Bereits ab den 1920er Jahren und dann nach 1945 nimmt in den Büros der Bergwerksverwaltung in der jungen Bundesrepublik Deutschland die Technisierung der Büroarbeit ein immer schnelleres Tempo auf. Dabei steht die technische Verbesserung der Schreibarbeit durch zunächst mechanische, dann elektrische Schreibmaschinen und schließlich durch die Computertechnik im Mittelpunkt der Entwicklung.

Auch am Erzbergwerk Rammelsberg fand diese technische Entwicklung der Büroarbeit statt. Sie ist in einem Objektbestand abzulesen, der 2020 vom Weltkulturerbe Rammelsberg aus der Preussag-Verwaltung in die Museumssammlung übernommen werden konnte.[1] In diesem Bestand befinden sich Schreib- und Rechenmaschinen, Diktiergeräte und Telefone aus der Zeit zwischen den 1940er und den 1990er Jahren. Einige dieser Büromaschinen stellen wir im Folgenden vor:

Mechanische Rechenmaschine D 13 Z-1 der Brunsviga Maschinenwerke AG (Braunschweig), 1940er Jahre.
„Gehirn von Stahl“, mit diesem Werbeslogan warben die Brunsviga-Maschinenwerke und entwickelten für die
rechenintensive Vermessung – im Bergbau MarkscheidewesenGenannt – die D 13 Z-1.
Mit dieser Doppelmaschine kann auf der einen Seite addiert / multipliziert und auf der anderen Seite
subtrahiert / dividiert werden.

 

Diktiergerät für Magnettonplatten der Fa. Assmann (Bad Homburg), 1960er Jahre. Mit einem Diktiergerät konnte die Formulierung eines Briefes getrennt und zeitversetzt vom Schreiben ausgeführt werden. Das Diktat wurde auf eine in der Rille der Platte aufgebrachten Magnetspur aufgezeichnet und wie bei einem Plattenspieler abgespielt.

 

Mechanische Schreibmaschine Adler-Werke (Frankfurt), 1950er Jahre. Die Adler-Werke produzierten Fahrräder, Motorräder, Autos, Werkzeugmaschinen und nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1998 Büromaschinen.

 

Kofferschreibmaschine der Adler-Werke (Frankfurt), 1960er Jahre. Die Adler-Junior 3 war eine kleine, relativ leichte Kofferschreibmaschine. Sie wurde unter Tage eingesetzt, um hier wichtige Schriftstücke in gut lesbarer Schrift schreiben zu können.

 

Tischtelefon mit Drehscheibe der Fa. Siemens & Halske, 1960er Jahre. Telefone mit Drehscheibe zur Anwahl der Telefonverbindung waren seit dem Ersten Weltkrieg über Jahrzehnte das wichtigste Telekommunikationsgerät in den Verwaltungen. Ab den 1970er Jahren übernahmen Tastenfelder die Anwahl der Telefonnummer.

 

Mechanische Rechenmaschine der schwedischen Fa. Addo, 1950/60er Jahre. Die Addo-X 2000 konnte das
Ergebnis des Rechenvorgangs auf einen Druckstreifen dauerhaft festhalten.

 

Kugelkopfschreibmaschine der Internationalen Büro-Maschinen Gesellschaft mbH (IBM),
1980er Jahre. Bei den elektrisch angetriebenen Kugelkopfschreibmaschinen von IBM konnten durch den
Wechsel des Kugelkopfes schnell die Schriftenarten gewechselt werden. Zusätzlich verfügte das Gerät über ein
Korrekturband zur Korrektur von Tippfehlern. Die Kugelkopftechnik von IBM setzte sich langfristig
nicht gegenüber der Typenradtechnik durch.

 

Elektrische Schreibmaschine „Supertype“ Olympia-Werke (Wilhelmshaven), 1990er Jahre.
Typenradschreibmaschine, die später auch an einen Computer als Drucker angeschlossen werden konnte. Die
Schreibmaschine besaß bereits einen kleinen Speicher mit Display. Es konnte eine bestimmte Anzahl von
Zeichen gespeichert und im Display korrigiert werden.

 

Elektronische Schreibmaschine mit Speicher und Diskettenlaufwerk der Triumph
Adlerwerke (TA), 1990er Jahre. Die Tastatur ist bereits nicht mehr in die Schreibmaschine integriert, sondern
über ein Kabel angeschlossen, so wie es für die späteren Büro-Computer üblich wurde. Bei der Arbeit mit
diesen Maschinen stand erstmalig ein Medium zur elektronischen Speicherung umfangreicher Texte zur
Verfügung. Außerdem konnte vor dem Ausdruck auf einem kleinen Display der Text überprüft werden. Im
Umgang mit diesen Maschinen wurden die Büroangestellten der Preussag in betriebseigenen Kursen geschult.

Fotos: Sammlung Weltkulturerbe Rammelsberg

[1] Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle Frau Monika und Herrn Klaus Schlamelcher. Frau Schlamelcher hat mich auf die Preussag-Sammlung aufmerksam gemacht. Herr Schlamelcher hat als Büromaschinenmechaniker jahrelang die Bürotechnik der Preussag im Verwaltungsgebäude an der Rammelsberger Straße betreut. Ohne ihre freundliche Unterstützung hätte ich die Geschichten zu den Büromaschinen nicht entdeckt! 

Der Rathstiefste Stollen

Des „Rates der Stadt Goslar tiefster Stollen“, ist der älteste bekannte Wasserlösungsstollen des Rammelsberges.
Ein Wasserlösungsstollen ist ein Stollen, der der Wasserableitung in einem Bergwerk dient und im Prinzip wie ein Abflussrohr funktioniert. Der Rathstiefste Stollen ist ca. 1.000 Meter lang und erstreckt sich grob beschrieben ausgehend von der Buswendeschleife am Werkstor unter dem heutigen Museumsgelände durch in Richtung der Rammelsberger Straße, deren Verlauf er bis auf das Gelände des Theresienhofes folgt.
Vermutlich wurde der Stollen im Gegenortbetrieb aufgefahren. Zu diesem Zweck wurden insgesamt zehn sog. Lichtlöcher definiert. Lichtlöcher sind senkrechte Baue (Schächte), die von übertage bis auf das Niveau des späteren Stollens reichten. Von diesen Punkten aus wurde dann der eigentliche Stollenvortrieb in zwei Richtungen vorgenommen. Das spart zum einen Zeit und zum andern war durch die Lichtlöcher die Frischwetterversorgung sichergestellt und der Weg des Abtransports des gelösten Materials kürzer.

Auf das Niveau des Stollens wurden die Grubenwässer gepumpt, welche dann dem Gefälle folgend in dem Stollen in Richtung Stadt abgeleitet wurden. In der Mitte des 15. Jahrhunderts erreichte der Bergbau am Rammelsberg allerdings immer größere Tiefen. Mit zunehmender Tiefe  wurde das Ausbringen des anfallenden Grubenwassers ein immer größeres Problem. Der Rathstiefste Stollen, als bisheriger Wasserlösungsstollen, lag inzwischen zu hoch um dieser Aufgabe in Gänze nach zu kommen. Daher beschloss 1484 der Rat der Stadt Goslar einen neuen Wasserlösungstollen ca. 45 m unterhalb des Niveaus des Rathstiefsten Stollens anlegen zu lassen. Der Bau des neuen Stollens dauerte knapp 100 Jahre, erst 1585 konnte der als Tiefer Julius Fortunatus Stollen (TJFS) bezeichnete neue Rammelsberger Wasserlösungstollen seine Funktion übernehmen.
Funktionslos wurde der Rathstiefste Stollen dadurch nicht, durch ihn wurden auch weiterhin Abwässer der höhergelegen Kunsträder abgeführt. Auch die Inbetriebnahme der untertägigen Maschinerie, die wir heute als Roeder’sches System bezeichnen, änderte nichts an der Funktion. Ab 1805 wurde das Brauchwasser, welches Roeder über seine vier Räder arbeiten lies durch den Rathstiefsten abgeleitet. Das durch die beiden Roeder’scher Kunsträder gepumpte Grubenwasser hingegen floss durch den tiefergelegenen TJFS ab. Der Abfluss des Brauchwassers durch den höher gelegenen Rathstiefsten Stollen war eine Auflage der Stadt Goslar, weil nur so in der weiteren Folge ausreichende und kontinuierliche Wassermengen für die städtischen Mühlen gewährleistet waren.

Der Rathstiefste Stollen war bis vor kurzem Gegenstand einer groß angelegten wissenschaftlichen Untersuchung, die u.a. der Frage nachgegangen ist, wie alt der Stollen eigentlich ist.
Ältere Forschungen aus den 1930er Jahren gingen von einer Entstehungszeit aus  der Mitte des 12. Jahrhundert aus, bezugnehmend auf die erste schriftliche Erwähnung aus dem Jahre 1271, als der Stollen schon im Betreib war. Jedoch belegen die neuern Forschungen, dass zumindest ein Teil des Stollens schon um das Jahr 900 bestand. Die teilweise spektakulären Ergebnisse dieser Forschung finden Sie hier:

Altbergbau 3D

Erleben können Sie den Rathstiefsten Stollen auf einer unserer Abenteuerführungen, die wir nach der Coronapause seit Jahresanfang wieder regulär im Programm haben:

Abenteuer Mittelalter – Der Rathstiefste Stollen

Durch den Rathstiefsten Stollen (c) Weltkulturerbe Rammelsberg / Sobotta, VISUM

19-Lachter-Stollen zieht unter das Dach der Stiftung Welterbe im Harz ein

In diesem Beitrag möchten wir ein Thema aus dem Welterbe im Harz in den Fokus rücken. Denn mit dem Jahreswechseln sind die Kolleg:innen vom 19-Lachter-Stollen aus Wildemann unter das Dach der Stiftung Welterbe im Harz eingezogen. Dazu ein herzliches Glückauf! 

Die Vorgeschichte

Als im Jahr 2016 das von der Kulturstiftung des Bundes als Modellprojekt geförderte TRAFO-Projekt „Harz | Museen | Welterbe“ startete, war eines der Ziele eine gemeinsame Trägerschaft anzustreben, um Synergien zu heben, aber auch um die Einrichtungen im Welterbe stärker zusammen wachsen zu lassen und sie zukunftsfähig aufzustellen.

Nachdem im Juli 2022 der Aufsichtsrat der Kurbetriebsgesellschaft das Vorhaben positiv votierte, stimmte der Geschäftsbesorgung des 19-Lachter-Stollen durch die Welterbestiftung auch das Stiftungskuratorium Anfang Oktober zu. Am Freitag, den 11. November 2022 wurde der erste Schritt realisiert und der Vertrag zum Übergang in die Stiftung Welterbe im Harz unterzeichnet.

„Für die Kurbetriebsgesellschaft „Die Oberharzer“ mbH als Eigentümerin des 19-Lachter-Stollens in Wildemann ist es nun eine konsequente Weiterführung dieses TRAFO-Projekts, den Betrieb des 19-Lachter-Stollen in die kompetenten Hände der Stiftung Welterbe im Harz zu geben. In diesen herausfordernden Zeiten können durch den Zusammenschluss für wichtige Themen wie Weiterentwicklung und Professionalisierung der kleineren Einrichtungen Synergien viel besser genutzt werden“, so Bettina Beimel, Geschäftsführerin und Kurdirektorin der Kurbetriebsgesellschaft „Die Oberharzer“ mbH.

Auch Stiftungsdirektor Gerhard Lenz, der Stiftung Welterbe im Harz, blickt positiv auf die Zukunft: „ Wir freuen uns sehr, den 19-Lachter-Stollen in das „Welterbe-Haus“ aufzunehmen. Damit verbunden ist der Wunsch eines koordinierten Besucherservice und einer Qualitätssicherung und Qualitätsvermittlung für unsere Besucher, an zunehmend mehr Standorten in unserem Welterbe.“

Zum 19-Lachter-Stollen

Aber was erwartet die Gäste am 19-Lachter-Stollen:

Der 19-Lachter-Stollen in Wildemann ist der einzige für Besucher zugängliche Wasserlösungsstollen des Harzes und führt Sie rund 500 Meter weit in den Berg hinein. Mit dem Bau wurde im 16. Jahrhundert begonnen. Der Stollen diente der Wasserableitung aus den höher gelegenen Gruben bei Zellerfeld und Clausthal. Das Schwerpunktthema „Tiefe“ wird hier sinnlich erlebbar: Ein beeindruckendes Kehrrad von neun Metern Durchmesser dreht sich und Sie blicken von einer Brücke aus über 260 Meter tief in den eindrucksvoll ausgeleuchteten Ernst-August-Schacht aus dem 19. Jahrhundert.

Für einen weiteren visuellen Eindruck möchten wir einige Aufnahmen teilen, die letzten Sommer erst entstanden sind:

Exkursion 19-Lachter-Stollen (c) Stiftung Welterbe im Harz, A. Behnk

Zu erreichen sind die Kolleg:innen vom 19-Lachter-Stollen unter diesen Kontaktdaten:

19-Lachter-Stollen
Im Sonnenglanz 18
38709 Wildemann
Tel. 05323-6628
19-Lachter-Stollen@welterbeimharz.de
www.19-lachter-stollen.de 

Ein Beitrag von Ipek Canbazer und Jan Schüler.

Weihnachtsgruß 2022

Wir wünschen mit diesem Weihnachtsgruß all unseren Besucherinnen und Besuchern, Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner und allen Freundinnen und Freunden des Welterbes im Harz schöne Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Mit dieser Videobotschaft, quer aus dem Welterbe, möchten wir uns bei Ihnen für das Jahr 2022 bedanken und freuen uns auf die gemeinsame Zeit in 2023.

 

30 Jahre Weltkulturerbe

Der 14. Dezember 1992

30 Jahre bilden nach allgemeiner Vorstellung die Dauer einer Generation. Wenn man also im Jahr 2022 in Goslar auf 30 Jahre Weltkulturerbe zurückblickt, müsste man die Elterngeneration fragen, wie es damals im Dezember 1992 war, als das Bergwerk Rammelsberg und die Altstadt von Goslar zum Weltkulturerbe ernannt worden sind. Oder man schaut in das Archiv der Goslarschen Zeitung. Genauer gesagt in die Ausgabe der Goslarschen Zeitung von Montag dem 14. Dezember 1992, der laut Wetterbericht regnerisch daher kommen sollte und mit einer maximalen Temperatur von +8 Grad eigentlich noch nicht auf das bevorstehende Weihnachtsfest schließen ließ. 
Die Titelseite offenbart dem Leser augenscheinlich einen ganz normalen Montag für die Kaiserstadt und ihre Bewohner. Bayern München ist wiedermal „Herbstmeister“ der Bundesliga geworden, die Bundeswehr soll ab 1993 in Somalia humanitäre Hilfe leisten und in Liebenburg formierte sich Widerstand gegen die geplante Ortsumgehung. Zwischen der Meldung eines Grand-Slam-Sieges von Michael Stich und drohender Kurzarbeit bei VW findet sich oben in der Mitte ein kleiner Artikel, aus dem hervorgeht, dass das vier Jahre zuvor geschlossene Bergwerk Rammelsberg zusammen mit der  Altstadt von Goslar auf die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes der Menschheit gesetzt wurde. Die fast unscheinbare Nachricht der Ernennung zum Welterbe der Menschheit auf der ersten Seite der GZ wird sich für Goslar in der Folge als eine der wichtigsten und nachhaltigsten Entscheidung herausstellen, die in der jüngeren Geschichte der inzwischen 1.100 Jahre alten Stadt getroffen wurde.

Titelblatt der Goslarschen Zeitung vom 14. Dezember 1992

 

Wie der Rammelsberg und Goslar Weltkulturerbe wurden

„Bergwerk Rammelsberg und Altstadt von Goslar“ so der offizielle Name, war 1992 die elfte Weltkulturerbestätte in Deutschland – inzwischen umfasst die Liste 51 deutsche Welterbestätten, darunter drei Natur- sowie 48 Kulturstätten (Stand November 2022). Besonders hervor zu heben ist die Tatsache, dass mit dem ehemaligen Bergwerk am Rammelsberg erstmals ein deutsches Industriedenkmal und mit der der Altstadt von Goslar nach Lübeck 1987 zum zweiten Mal ein ganzer deutscher Altstadtbereich zum Welterbe gesamten Menschheit erklärt worden ist.
Die Entscheidung, den Rammelsberg und die Altstadt für die Liste des Weltkulturerbes zu nominieren, wurde nicht am Rammelsberg selbst oder im Rat der Stadt getroffen, sondern war das Ergebnis eines Vorgangs auf höchstem internationalem Niveau.
Alleiniger deutscher Antragsteller bei dem zuständigen Welterbezentrum des Sekretariats der UNESCO in Paris war und ist das Auswärtige Amt. Grundlage der Anträge ist die deutsche Vorschlagsliste, die sogenannte Tentativliste, über deren Zusammensetzung die zuständige  Kultusministerkonferenz der Bundesländer entscheidet. Die dort aufgeführten Stätten, Orte und/oder Regionen sowie die zugehörigen Anträge sind im Vorfeld von den einzelnen Bundesländern bzw. den jeweils nachgeordneten Denkmalsschutzbehörden erarbeitet worden. Durchgesetzt hatten sich das Bergwerk Rammelsberg und die Altstadt von Goslar in der nationalen Bewerbung u.a. gegen Städte wie Wolfenbüttel, Dinkelsbühl oder Heidelberg. Der Antrag des Landes Niedersachsen für den Rammelsberg und Goslar wurde durch das zuständige Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege in Braunschweig ausgearbeitet.

Die Tentativliste dient bis zu zehn Jahre als Grundlage für die zukünftigen Anträge Deutschlands für die UNESCO-Welterbeliste – denn pro Jahr können durch die Mitgliedsstaaten der UNESCO maximal zwei Stätten beantragt werden. Über die verschiedenen Anträge des einzelnen Mitgliedsstaates entscheidet dann das UNESCO-Welterbekomitee auf seiner jeweiligen Jahrestagung. 1992 fand die Jahrestagung in Santa Fe/New Mexico USA statt.

Was allerdings vielen Bewohnern Goslars in der Vorweihnachtszeit des Jahres 1992 nicht klar oder bewusst war, war welche Folgen, Verantwortungen oder Verpflichtungen sich aus der Tatsache ergeben könnten, dass sie gleichsam über Nacht in einem Welterbe lebten und arbeiteten. Der Vorgang scheint im Vorfeld nicht ausführlich erklärt worden zu sein. Bürgerbeteiligung oder Partizipation spielten bei einen Welterbeantrag Anfang der 1990er Jahre noch keine Rolle, eine Tatsache die sich zwischen deutlich geändert. In den Leserbriefen und Kommentaren der GZ wurde schnell über mögliche Folgen für die Altstadt und den Rammelsberg diskutiert. Muss das Welterbe barrierefrei sein? Wird die Innenstadt autofrei? Oder geht der Rammelsberg jetzt in Landeseigentum über? Das waren die Fragen, die die Bewohner der Stadt um den Jahreswechsel 1992/1993 beschäftigten.
Aber die Ernennung zu einem Weltkulturerbe hat für den jeweiligen Standort keine mittelbaren rechtlichen Folgen. „Die Altstadt von Goslar liegt nicht unter eine Käseglocke!“ äußerte sinngemäß der von Amtswegen zuständige Denkmalpfleger Dr. Reinhardt Roseneck und ergänzte, dass mit dem Welterbetitel keine rechtlichen Einschränkungen verbunden seien – weder werde dadurch in die kommunale Selbstverwaltung Goslars noch in die Kulturhoheit des Landes Niedersachsen eingriffen. Allerdings ergibt sich aus dem Titel keine automatische finanzielle Unterstützung vonseiten des Landes oder des Bundes.

Welterbe Urkunde von 1992

 

2+1=3 und drei Teile bilden ein Ganzes

In den inzwischen 30 Jahren des Bestehens der Welterbestätte gibt es ein Datum, was mit Sicherheit eine Zäsur – im denkbar positivsten Sinn – darstellt, der 1. August 2010!
An diesem Tag entschied das UNESCO-Welterbekomitee auf seiner 34. Jahrestagung in Brasilia das bestehende zweiteilige Welterbe um einen dritten Teil zu erweitern. Mit der Oberharzer Wasserwirtschaft wurden montanhistorische Zeugnisse aus über fünf Jahrhunderten Teil des Weltkulturerbes der Menschheit. Die Welterbestätte firmiert seitdem unter dem Namen: UNESCO-Welterbe Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft.

Vertreten, verwaltet und vermittelt wird das „Welterbe im Harz“ – so die gültige Kurzbezeichnung – durch die gleichnamige Stiftung. Das Betreuungsgebiet erstreckt sich auf eine Fläche von über 200 km², es umfasst zehn museale Einrichtungen und eine Vielzahl von Bodendenkmälern.
Mit den drei in den letzten Jahren geschaffenen Welterbe-Infozentren in Goslar, Clausthal-Zellerfeld und Walkenried stehen den Besuchern der Region dezentrale Anlaufpunkte für das Welterbe zur Verfügung.  Neben diesen festen Einrichtungen verfügt die Stiftung über ein mobiles Infozentrum, welches in der Region und darüber hinaus aufgestellt wird. So beispielsweise im vergangen Jahr auf dem Gelände das Weltkulturerbes Faguswerk in Alfeld. Mit den Kollegen der benachbarten Welterbestätten aus Alfeld, Hildesheim und Quedlinburg verbindet die Stiftung seit knapp 10 Jahren eine gute Zusammenarbeit. Sichtbar unter anderem bei den „Tagen der Niedersachsen“ bei den man seit 2013 gemeinsam einen Stand betreibt.

Mit dem Oberharzer Bergwerksmuseum in Zellerfeld und dem Zisterzienserkloster Walkenried betreibt die Stiftung zwei museale Einrichtungen direkt. Und ab dem 1. Januar 2023 kommt mit der Anlage des 19-Lachter-Stollens in Wildemann eine dritte hinzu. Daneben sind bereits vier Welterbe-Erkenntniswege ausgewiesen, auf denen sich Wanderer auf eine spannende Entdeckungsreise begeben können.
Weitere Maßnahmen und Projekte sind in Planung oder derzeit schon in Umsetzung begriffen. Denn die Arbeit an und mit einem Weltkulturerbe ist nicht statisch, sondern fließend und muss immer dem Erhalt und der Vermittlung des jeweiligen Ortes dienen.

Wobei es den einen Ort in dem vielfältigen und facettenreichen Harzer Welterbe gar nicht gibt. Im Gegensatz zum Kölner Dom, dessen Bild fest im kollektiven Gedächtnis verwurzelt scheint, musste sich es das Welterbe am Anfang seines Bestehens auf eine bestimmte Art emanzipieren um als ein solches auch wahrgenommen zu werden und Bekanntheit zu entwickeln – um sichtbar und erlebbar zu werden! Neben einem umfangreichen Angebot an Führungen, (Sonder-)Ausstellungen, Veranstaltungen waren es auch verschiedenste Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen an Infoständen oder im Internet, die allein über 100.000 Besucher pro Jahr an den Rammelsberg kommen lassen (in Jahren ohne Corona). Und somit der Rammelsberg inzwischen zu den knapp 5 % der deutschen Museen zählt, welche eine sechsstellige Besucherzahl p.a. nachweisen können.


Aber auch in Zeiten fortschreitender Digitalisierung bleiben es auch zukünftig Menschen, die die Menschen durch das Welterbe führen. Die Vermittlung des Weltkulturerbes im Harz findet von Anfang an durch engagierte Stadt-, Gruben-, Gäste- und Welterbeführer statt, die den Besuchern und Bewohnern auf den verschiedenen Führungen die weltweite Einzigartigkeit der Region nahebringen.

Vom Eröffnungstag des Welterbe-Infozentrums Goslar im alten Rathaus im April 2022. Foto: Stiftung Welterbe im Harz/A. Behnk

Glück Auf – Wir sind die Museumskette

Das Weltkulturerbe Rammelsberg, aber auch unsere Kolleg:innen von der Stiftung Welterbe im Harz und dem ZisterzienserMuseum Kloster Walkenried, sind Teil der Museumskette Südniedersachsen. Dies ist ein Zusammenschluss, basierend auf dem Projekt #wissengeteilt, von knapp einem Dutzend musealer Einrichtung im südlichen Niedersachsen, ins Leben gerufen vom Landschaftsverband Südniedersachsen.

Wer ist alles dabei

Neben uns, der Stiftung Welterbe im Harz und dem ZisterzienserMuseum Kloster Walkenried ist noch mit dabei: Grenzlandmuseum Eichsfeld, Höhlenerlebniszentrum Iberger Tropfsteinhöhle, Museum Friedland, Museum Schloss Fürstenberg, PS.Speicher, Portal zur Geschichte, UNESCO-Welterbe Fagus-Werk und das Forum Wissen der Universität Göttingen.

Kreative Zusammenarbeit

Ziel des Projektes war es, die Mitarbeitenden der musealen Einrichtungen zu schulen, kreative Mehrarbeit zu schaffen. Zwei Projekte möchten wir hier vorstellen, an denen auch der Rammelsberg beteiligt war.

Museumsperle – das Spiel

Auf der Website der Museumskette, www.museumskette.de, findet man „Museumsperle – das Spiel“. Dieses Spiel basiert auf dem Klassiker Memory. Jedes Haus hat einige Bilder beigesteuert, die es nun in Paaren zu finden gilt. Hat man ein paar gefunden, zum Beispiel unsere Mannschaftskaue, bekommt man einen kurzen informativen Text. Dieses Spiel gibt es in verschiedenen Schwierigkeitsleveln. Auch wenn noch kleine Schönheitsfehler drin sind, ist es doch sehr unterhaltsam geworden mit faszinierenden Bildern.

Museumsperle – das Spiel, zu finden auf museumskette.de. Welches der Motive ist beim Rammelsberg entstanden?

Museumskette – Die Kulturperlen

Unter diesem Namen ist die Museumskette auf Instagram zu finden. Dort gewähren die Museumshäuser auch spannende Einblicke hinter die Kulissen. Zum einen gibt es da das Format „Depot-Dienstag“. Dort stellen die Museumsmitarbeitenden einige ihrer Lieblingsexponate vor. Dies war zum Beispiel einmal das Modell des Hauses des Bergarbeiters Hans aus unserer Sonderausstellung „1100 Jahre Goslar – Mit Erfolg auf Erz gebaut“. Das Modell der Grube Dorothea haben unsere Kollegen vom Oberharzer Bergwerksmuseum mal vorgestellt.

Was aber würde ein Museumsmitarbeiter als seinen Lieblingsplatz bezeichnen? Im Beitrag unserer Kolleginnen vom ZisterzienserMuseum Kloster Walkenried beantwortet Museumsführerin Andrea genau diese Frage.

Dann wäre da noch das Format „Kinder erklären das Museum. Da noch einmal ganz besonderen Dank an Felix und Finn von den Bergzwergen, die ganz wunderbar das Weltkulturerbe Rammelsberg erklärt haben.

Diese drei Beispiele sind nicht die einzigen Posts, die man auf dem Instagram-Kanal der Museumskette finden kann. Wenn ein Haus nach Redaktionsplan in einer Woche dran ist, kann es auch einen weiteren Post zu einem beliebigen Thema veröffentlichen. Dies könnte ein Veranstaltungshinweis sein.

Ein Screenshot des Instagram-Kanals der Museumskette.

Was machen die Kollegen so

Da alles Gute, wie ein derartiges Projekt, auch einmal ein Ende haben muss, trafen wir uns tatsächlich auch mal wieder analog und nicht wie sonst üblich alle zwei Wochen digital, wie im Rahmen der Social-Media-Gruppe.

Unsere freundlichen Gastgeber waren die Kolleg:innen vom Forum Wissen Göttingen. Der Kerngedanke ihrer Ausstellung ist die Darstellung des wissenschaftlichen Forschungsprozesses. Beim nahegelegenen Landschaftsverband sprachen wir dann über die Zukunft unseres Projektes. Schon Tage zuvor sprach sich intern die Gruppe Social-Meda ab, den Instagram-Kanal weiterzuführen. Die Formate werden zukünftig wahrscheinlich ein wenig abgewandelt werden. Aber wie heißt es so schön: lasst doch ein Like oder ein Kommentar da und abonniert doch den Kanal! 

Mehr zur Museumskette finden Sie auch in diesem Museumskette_Faltblatt_A3_19.09.2019

Die Erzbahn – Eine alte Bahnverbindung zwischen dem Erzbergwerk Rammelsberg und den Hütten in Oker

Von Dr. Johannes Großewinkelmann und Dipl. Ing. Stefan Dützer

Vom Fuhrwerk auf die Schiene

Als 1866 die Hannoversche Staatsbahn die erste Eisenbahnverbindung nach Goslar eröffnete, setzte allmählich eine Veränderung der Transportmittel für den Erztransport ein. Überlegungen, das Erzbergwerk Rammelsberg direkt an die Staatsbahn anzubinden, gab es schon vor dem Anschluss Goslars an das Schienennetz.   Karren, Pferd und Wagen beherrschten aber noch bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs den Transport außerhalb des Bergwerks. Das Erz musste von unter nach über Tage und weiter vom Erzbergwerk Rammelsberg zu den Hüttenstandorten transportiert werden. Verhüttungszentren hatten sich in Oker und im Raum Langelsheim gebildet. Die Transportmengen waren für die Verhältnisse zu Beginn des 20. Jahrhunderts immens, das damit verbundene Gewerbe umfangreich. Fuhrleute aus den Goslarer Nachbardörfern mit rund 500 Fuhrwerken sicherten den Erztransport zu den Hütten. Fuhrleute und ihre Zugtiere benötigten Behausung und Nahrung und waren durch ihre Arbeit zugleich ein Wirtschaftsfaktor für Goslar und das Umland.

Fuhrwerke holen Erz unterhalb der Sturzbrücken des Erzbergwerks Rammelsberg für den Transport zu den Hütten ab, um 1900. Foto: Sammlung Weltkulturerbe Rammelsberg.

Doch im Ersten Weltkrieg wurden fast alle Pferde und Fuhrwerke vom Militär eingezogen. Bis zum Frühjahr 1916 war die Anzahl auf rund einhundert Gespanne gesunken, weil Pferde zu dieser Zeit das wichtigste Transportmittel des Militärs an der Front waren. Die Pferde fielen wie die Menschen tausendfach dem mörderischen Treiben zum Opfer. 

Das Bergwerk benötigte daher ein anderes Transportmittel. Im Winter 1916/17 ließ die Berginspektion eine 6,5 Kilometer lange Schmalspurbahn vom Erzbergwerk Rammelsberg über den Blauen Haufen zur Hütte nach Oker bauen. Zum Bau der Bahn wurden aufgrund von Arbeitskräftemangel Kriegsgefangene zur Zwangsarbeit eingesetzt. Diese Bahnverbindung wurde später als Erzbahn bezeichnet. Heute sind neben dem Wanderweg am Blauen Haufen noch einige hölzerne Bahnschwellen der ehemaligen Erzbahn zu entdecken. In der Sonderausstellung „Mit Erfolg auf Erz gebaut“, die noch bis zum 20. November 2022 am Weltkulturerbe Rammelsberg gezeigt wird, wird die Geschichte der Erzbahn erzählt.

Bau der Erzbahn über den Blauen Haufen im Ersten Weltkrieg. Foto: Sammlung Stefan Dützer.

Grubenwagen neben einem Wanderweg über dem Blauen Haufen als Hinweis auf die ehemalige Bahnstrecke der Erzbahn und die Sonderausstellung am Weltkulturerbe Rammelsberg. Foto: Johannes Großewinkelmann, 2022.

Der Gelenbeeker Stollen

Der Erste Weltkrieg hatte Menschen und Material extrem belastet. Die Erzbahn nach Oker war im Krieg überhastet und mit Mängeln behaftet gebaut worden. Die Steigungen hoch zur Bleiche und runter nach Oker waren zu steil. Beim Anstieg auf der Strecke über den Blauen Haufen kamen die Loks der Erzbahn an ihre Leistungsgrenze.

Verunglückter Zug auf der Erzbahn, 1937. Sammlung Rammelsberg

Zudem waren die starken Gefälleunterschiede im gesamten Streckenprofil bis Oker ein gewaltiges Problem für den Betrieb der Erzbahn. Die Züge verfügten nicht über eine durchgehende Bremsanlage. Gemäß dem damals üblichen Standard waren auf dem Zug Bahnarbeiter verteilt, die auf Signal des Lokführers die Wagenbremsen anzogen oder lösten. Kein schöner Job bei schlechtem Wetter und gefährlich obendrein, wovon zahlreiche Unfallberichte zeugen. Ein solcher Unfall wurde durch das Foto dokumentiert. Vermutlich aufgrund von Wagenknappheit bei zunehmender Produktion hatte man den Erzzug mit Förderwagen aus dem Bergwerksbetrieb verstärkt. Diese Wagen waren allerdings noch nicht mit einer Bremse ausgestattet. Beim Verlangsamen der Fahrt schob der auflaufende hintere Zugteil die vorderen leichten Leerwagen aus dem Gleis.

1927 wurde der steile Teilabschnitt bis zum Bollrich nach unter Tage in den seit 1919 aufgefahrenen Gelenbeeker Stollen verlegt. Ab dem Bollrich verlief die Trasse dann weiter übertägig bis Oker. Die Bahnlinie durch den Gelenbeeker Stollen blieb bis 1987 in Betrieb.

Parallel zur Elektrifizierung des Erztransports unter Tage im Bergwerk wurde 1929 der Antrag auf Elektrifizierung des Gelenbeeker Stollens gestellt. Er wurde mit einem Fahrdraht ausgestattet und über das Stromnetz des Erzbergwerks versorgt. Zwei Fahrdrahtloks für den Bergwerksbetrieb wurden wechselseitig auch im Gelenbeeker Stollen eingesetzt. Am Bollrich wurde der Erzzug umgekuppelt und mit einer Dampflok konnte der Transport zu den Hütten in Oker fortgesetzt werden.

Das „Rammelsberg-Projekt“

Die völlige Umstellung des Deutschen Reichs auf eine von Autarkie und Aufrüstung geprägte Ökonomie unter nationalsozialistischer Herrschaft forderte nach 1933 eine massive Erweiterung des Bergbau- und Hüttenbetriebes: Das so genannte „Rammelsberg-Projekt“ wurde propagiert. Unter großem Zeitdruck wurde nun parallel zur laufenden Produktion eine Aufbereitungsanlage errichtet sowie das Bergwerk von Grund auf umgebaut und erweitert. Damit einher ging eine massive Steigerung der Transportmengen und ebenso die vollständige Umlegung der Trasse zwischen Bollrich und Oker, um Platz für die nun anfallenden Konzentratberge zu schaffen. Auf dem Bergwerksgelände entstand ein neuer Verladebahnhof. Lokschuppen und Wagenabstellgleise wurden architektonisch geschickt in das Magazingebäude integriert. Die Verladung der Aufbereitungskonzentrate erfolgte von außen unsichtbar auf einem untertägigen Verladebahnhof mit mehrgleisiger Kehrschleife unter der neuen Aufbereitungsanlage.

Die Fahrdrahtlok „Rammelsberg 1“ vor dem Stollenmundloch des U-Bahnhofs der Aufbereitungsanlage auf dem Verladebahnhof am Erzbergwerk Rammelsberg. Foto: Archiv der TUI Hannover, 1950er Jahre.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Stilllegung des Erzbergwerks Rammelsberg

Die Erzbahntrasse überstand den Zweiten Weltkrieg unbeschadet. Der Rohstoffbedarf für den Wiederaufbau war groß, der Betrieb musste liefern, Arbeitskraft wurde gebraucht. Der Krieg in Korea sorgte für steigende Rohstoffpreise, die Gewinnung ärmerer Erzvorkommen erschien rentabel. Dafür entstand ab 1951 am nördlichen Stollenmundloch des Gelenbeeker Stollens die zweite Erzaufbereitung, kurz als „Bollrich“ bezeichnet. Die damit verbundene Steigerung der Transportmengen brachte nun das endgültige Aus für die alte dampfbetriebene Schmalspurbahn.

Letzte Fahrt auf der Schmalspurstrecke vom Bollrich zu den Hütten nach Oker, 1953.
Foto: Sammlung Stefan Dützer

Zwischen Bollrich und Oker bauten die Unterharzer Berg- und Hüttenwerke jetzt eine normalspurige Anschlussbahn, die anfangs mit Dampf-, ab 1968 mit Dieselloks betrieben wurde. Im untertägigen Streckenteil im Gelenbeeker Stollen sorgten neu beschaffte Fahrzeuge für höhere Kapazität. Das alte Problem der immensen Steigung auf der östlichen Bahntrasse führte 1986 zur Einstellung des normalspurigen Betriebs. Während der Transport vom Bergwerk durch den Gelenbeeker Stollen weiterhin auf Schienen lief, übernahmen ab dem Bollrich Lastkraftwagen die Erzkonzentrate. Mit der Einstellung der Förderung am Rammelsberg wurde die Erzbahn gänzlich stillgelegt. Die Übernahme in ein Museumskonzept scheiterte an den hohen Kosten.

Diesellok mit Konzentratwagen auf der normalspurigen Bahntrasse der Ezbahn. Foto: Sammlung Frank Bormann.