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„Nazi-Porzellan“- Geschirr des NS-Amtes `Schönheit der Arbeit´ aus der Werksküche des Erzbergwerks Rammelsberg

 

Von Dr. Johannes Großewinkelmann

Vor einigen Jahren kam eine Besucherin zu mir und überreichte eine Sauciere (Soßenschüssel) mit dem Hinweis, dieses Geschirr sei aus der ehemaligen Werksküche des Erzbergwerks Rammelsberg. Sie sei mit ihrer Familie nach 1945 als Flüchtlingskind nach Goslar gekommen und habe zunächst in den ehemaligen Zwangsarbeiterbaracken unterhalb des Staudamms des Herzberger Teichs gewohnt. Da ihre Familie auf ihrer Flucht nur wenige Dinge mitnehmen konnte, habe der damalige Bergwerksdirektor Emil Kraume ihnen Geschirr und Besteck aus der Werksküche des Bergwerks als Erstausstattung gegeben. Sie habe diese Erstausstattung über Jahrzehnte aufbewahrt, weil es Erinnerungsstücke an schwere Jahre waren. Nun wollte sie sich davon trennen.

Ich nahm die Sauciere in die Hand und drehte sie um, weil ich auf der Unterseite den Stempel des NS-Amtes `Schönheit der Arbeit´ vermutete. Als ich der Besucherin diesen Stempel mit dem Hakenkreuz in einem Zahnrad zeigte, erschrak sie förmlich. Das habe sie all die Jahre nicht bemerkt und sie würde das „Nazi-Porzellan“ auch zurücknehmen, wenn ich es auf Grund seiner Vergangenheit nicht nehmen möchte. In diesem Augenblick wurde mir klar, dass in diesem Objekt die persönliche Lebensgeschichte der Besucherin auf einzigartige Weise mit der politischen Geschichte Deutschlands vor und nach dem Zweiten Weltkrieg verbunden ist. Flüchtlinge, die durch den von der Nazi-Diktatur ausgelösten brutalsten Krieg des 20. Jahrhunderts ihre Heimat verlieren, bekommen von einem nicht unerheblich am Gedeihen der nationalsozialistischen Wirtschaft beteiligten Bergwerksdirektor Geschirr ausgehändigt, welches von einem nationalsozialistischen Amt entwickelt wurde, um die menschenverachtende politische Doktrin dieses Systems in alle Bereiche des menschlichen Lebens zu transportieren.    

Abb. 1 + 2: Unverkennbar ist der Slogan „Modell des Amtes Schönheit der Arbeit“ auf der Bodenmarke der   Sauciere aus der Werksküche des Erzbergwerks Rammelsberg aus den 1940er Jahren zu erkennen. Auch das von einem Zahnrad umrundete Hakenkreuz fällt auf. Direkt darunter befindet sich die Fabrikmarke Hutschenreuther und der Herstellungsort Selb. Der Stempel des Erzbergwerks befindet sich an der Soßentasse.

Foto: Johannes Großewinkelmann, Weltkulturerbe Rammelsberg

 

Wie hat das „Amt Schönheit der Arbeit“ gearbeitet ? Schon kurz nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wurden Anfang Mai 1933 die Gewerkschaften im Deutschen Reich zerschlagen. Die Arbeiterschaft sollte auf die nationalsozialistische Ideologie eingeschworen werden und dazu wurde am 10. Mai 1933 die Deutsche Arbeitsfront (DAF) gegründet. Das erklärte Ziel der DAF war die „Bildung einer wirklichen Volks- und Leistungsgemeinschaft, die dem Klassenkampfgedanken abgeschworen hat.“[1] Die zwangsweise Mitgliedschaft aller in einem Arbeitsverhältnis stehenden Deutschen machte die DAF zur größten Massenorganisation des NS-Staates mit 1942  25 Millionen Mitgliedern. Die DAF war streng nach dem Führerprinzip von oben nach unten organisiert. An der Spitze der Organisation stand der Reichsleiter Robert Ley. Die Hauptanliegen der DAF waren der soziale Frieden, die innerbetriebliche Ordnung und die Steigerung der Leistungsbereitschaft der Arbeiterschaft, um eine gesteigerte Produktivität für die auf einen Angriffskrieg ausgerichtete Rüstungswirtschaft zu erreichen. Die DAF trug damit ganz entscheidend mit Hilfe der menschenverachtenden NS-Ideologie zur Disziplinierung und Kontrolle der arbeitenden Bevölkerung bei. Die Aktivitäten der DAF waren dabei nicht nur auf das innerbetriebliche Arbeitsleben ausgerichtet, sondern griffen intensiv auf die Freizeit der sogenannten `Volksgenossen´ zu.

Zu den populärsten und erfolgreichsten Instrumenten zur Kontrolle und ideologischen Durchdringung der Freizeit gehörte die DAF-Unterorganisation `Kraft durch Freude´ (KdF). Die KdF-Organisation bot zahlreiche Freizeitveranstaltungen, beispielsweise Gymnastikkurse, Schwimmlehrgänge, Schachtuniere, Konzerte und politische Schulungen an. Größter und vermutlich populärster Geschäftsbereich der KdF-Organisation bildete die Veranstaltung von Ausflügen und Reisen im In- und Ausland. Die größten KdF-Bauprojekte waren die Errichtung des Seebades Prora auf der Insel Rügen und die Anlage einer Automobilfabrik mit dazugehöriger Mustersiedlung, der Stadt des `KdF-Wagens´, heute Wolfsburg mit dem VW-Werk.

Innerhalb der KdF-Organisation war das `Amt Schönheit der Arbeit´ ein Geschäftsbereich, der mit Hilfe der Aus- und Umgestaltung von Industriebetrieben unter neuesten arbeitspsychologischen, ästhetischen, sicherheitstechnischen und hygienischen Gesichtspunkten Werkskantinen, Aufenthaltsräume, Waschräume, Duschen, Sportanlagen und Grünanlagen auf dem Werksgelände einrichten sollte. „Natürliche Beleuchtung, geringe Lärmbelästigung und ausreichende Belüftung sollen Maßstäbe für den Umbau von Arbeitsplätzen sein. Bei der Raumgestaltung und –ausstattung ist das Amt `Schönheit der Arbeit´ selbst bei der Lösung von Detailfragen beteiligt: Von der Form des Essgeschirrs in der Kantine über das Wandbildprogramm in den Aufenthaltsräumen, der Auswahl von im Werk aufzustellenden Bildhauerarbeiten, der Ausformung von Glasmalereien, schmiedeeisernen Schmuck, Mosaiken oder auch Holzintarsien bis hin zur Ausschmückung des Arbeitsplatzes mit Blumentöpfen.“ [2]

Abb. 3: Beflaggung über dem Eingang zur Lohnhalle des Erzbergwerks Rammelsberg, 1940. Links ist die Fahne der Deutschen Arbeitsfront (DAF) eingesteckt. In der Mitte befindet sich eine Büste von Adolf Hitler. Rechts ist  die Betriebsfahne der PREUSSAG, der Betreiberin des Erzbergwerks Rammelsberg, in dem Fahnenhalter gesteckt.  

Foto: Sammlung Weltkulturerbe Rammelsberg.

Die Gestaltungsvorgaben des Amtes `Schönheit der Arbeit´ wandeln sich noch vor dem Zweiten Weltkrieg von völkischen Vorstellungen, nach denen auch das Wandbild in der Lohnhalle des Erzbergwerks Rammelsberg gestaltet ist, hin zu funktionalistischen Designentwürfen, z.B. beim Geschirr für Werksküchen.[3]

Das schlichte, funktionale und massentaugliche Kantinengeschirr, welches auch in der Werksküche des Erzbergwerks Rammelsberg verwendet wurde, sollte der ästhetischen Verbesserung der Arbeitswelt dienen. Dieses Modell, `Schönheit der Arbeit I´ genannt, entwarf der Designer Heinrich Löffelhardt.[4]

Abb. 4: Zum Geschirr Modell `Schönheit der Arbeit´ gehörte Kantinengeschirr aus Porzellan, Glas und Ton.

Bildquelle: Das Taschenbuch Schönheit der Arbeit: Zusammengestellt von Anatol von Hübbenet, Abteilungsleiter im Reichsamt „Schönheit der Arbeit“. Mit einem Geleitwort des Reichsamtsleiters Prof. Albert Speer, Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt, Berlin 1938, S. 153.

Mit dem ab 1936 von der DAF initiierten `Leistungskampf der deutschen Betriebe´ wurden Unternehmen zur Umsetzung der Gestaltungsvorschläge des Amtes `Schönheit der Arbeit´ angehalten. Wer die Vorgaben des Amtes vorbildlich umsetzte, erhielt vom Führer Adolf Hitler die Auszeichnung als `nationalsozialistischer Musterbetrieb´ verliehen und durfte die `Goldene Fahne der DAF´ führen.

Abb. 5: Die `Goldene Fahne der DAF´ durfte vor Unternehmen, die als `Nationalsozialistische Musterbetriebe´ ausgezeichnet waren, wehen.

Bildquelle: Das Taschenbuch Schönheit der Arbeit: Zusammengestellt von Anatol von Hübbenet, Abteilungsleiter im Reichsamt „Schönheit der Arbeit“. Mit einem Geleitwort des Reichsamtsleiters Prof. Albert Speer, Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt, Berlin 1938, S. 6.

 

Das Amt `Schönheit der Arbeit´ regte Verbesserungsprojekte in Betrieben nur an, stellte Kontakte zu politisch genehmen Künstlern oder Architekten her und begleitete Umbaumaßnahmen. Die Kosten für die Umsetzung der Maßnahmen trugen die Unternehmen selbst.

Letztendlich dienten auch die Maßnahmen im Sinne des Amtes `Schönheit der Arbeit´ bis hin zur Gestaltung des Kantinengeschirrs der Förderung der Leistungskraft der Arbeiterinnen und Arbeiter. Nach Maßgabe der arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Weimarer Republik erkannten  die NS-Ideologen, dass eine zufriedene und gesunde Belegschaft, die sich mit dem Betrieb identifiziert und mit ästhetisch anspruchsvoll gestalteten Dingen am Arbeitsplatz und in der Kantine arbeiten bzw. essen darf, höhere Leistungen erbringt und damit die Rüstungswirtschaft für den geplanten Angriffs- und Expansionskrieg unterstützt.

[1] Zitiert nach: Kai Gurski: Schlägel, Eisen und Hakenkreuz. Das Thema Bergbau im Werk des Malers Karl Reinecke-Altenau. Anhangsband zur Dissertation, Braunschweig 2008,S. 310.

[2] Gurski: Schlägel, Eisen und Hakenkreuz, S. 314f.

[3] Vgl. Kai Gurski: „Schönheit der Arbeit“. Der Künstler Karl Reinecke-Altenau am Rammelsberg, Goslar 2011.

[4] Vgl. Porzellan der Serie „Modell des Amtes Schönheit der Arbeit“. http://www.tempelhofer-unfreiheit.de/de/porzellan-der-serie-modell-schoenheit-der-arbeit (letzter Aufruf: 5.09.2016).

Transporte im Wandel der Zeit

SCHWER IN BEWEGUNG – Der Poetry Slam zum Thema „Transporte im Wandel der Zeit“

Ganz am Anfang war der Mensch zu Fuß unterwegs. Es folgten – salopp zusammengefasst – das Pferd, die Erfindung des Rades, der Dampfmaschine und –lok, des Automobiles, der erste motorisierte Flugapparat, schließlich der Düsenjet samt weltweitem Flugverkehr und irgendwann der erste Schritt auf dem Mond. In Sachen Mobilität und Transport hat die Menschheit es weit gebracht. Seitdem hat sie den Salat. Nicht nur den transporttechnisch weltweit zu jeder Tages- und Nachtzeit verfügbaren, sondern vielmehr den Umwelt-Salat. Denn das Klima ächzt seit den frühesten Mobilitätsschritten unter dem menschlichen Fortschritts-Vorsatz „Höher, schneller, weiter!“. Die Menschheit ist in Bewegung, unaufhaltsam. Die Industrie ist es, der damit einhergehende Transport sowieso und die Welt nur einen Katzensprung entfernt. Dramatisch wird es durch den damit einhergehenden CO2-Ausstoß global immer wärmer. Er lag zuletzt 2021 bei 38 Milliarden Tonnen weltweit und allein die G20-Staaten sind für satte 81 Prozent davon verantwortlich. „So geht das nicht weiter!“, sagt sich ein großer Teil der industriell-„zivilisierten“ Bevölkerung und beschert der Tourismusindustrie zur ersten uneingeschränkten Urlaubssaison nach Corona historisch einmalige Buchungs- und somit Umsatz-„Höhenflüge“. „So geht das nicht weiter!“, sagt sich die globale Jugend und geht gegen den Klimawandel und für eine bessere, ihre Zukunft, entschieden auf die Straße. Während sich die Sekundenkleberindustrie neuerdings vorfreudig die Hände reibt und einfach nur „super!“ ausruft. Und ihrerseits Schlangen von Lastwagen zum Klebertransport auf die Autobahnen schickt … So geht das tatsächlich nicht weiter. Aber wie dann?

Beim Poetry Slam „Schwer in Bewegung“ stellen sich fünf Poet*innen aus dem deutsch-sprachigen Slam-Raum ihrem eigenen Mobilitätsverhalten und geben einen tiefen Einblick in ihre ganz persönlichen Vorstellungen von einem nachhaltigen Verkehr und Konsum in Zeiten des Klimawandels. Dabei wird zu klären sein, ob der individuelle Ansatz „Von nun an per pedes, statt Mercedes!“ bereits ausreicht, um einen wirkungsvollen Beitrag zu leisten.

Oder ob zu einem ernstzunehmenden Wandel nicht vielmehr ein radikaler und intensiver gesamtgesellschaftlicher Gedanken-„Transport“ in Sachen Verzicht von Nöten wäre, um ein globales Umdenken endlich einmal nachhaltig in Bewegung und somit auf den Weg zu bringen.
Über zwei wort- und spannungsgeladene Leserunden treten die Poetry Slammer*innen Antonia Josefa, Tanja Schwarz und Henrik Szanto aus Hannover in den Vortragsring. An ihre engagierte Leseseite gesellen sich Sven Kamin aus Wedel und das Berliner Lesebühnen-Urgestein Micha Ebeling. Durch den Abend führen die überzeugten Zug- und Fahrradfahrer Henning Chadde und Jan Sedelies („Macht Worte!“ – der hannoversche Poetry Slam, Büro für Popkultur, HAZ).

Eine Veranstaltung vom Weltkulturerbe Rammelsberg in Kooperation mit „Macht Worte!“ – der hannoversche Poetry Slam.

www.rammelsberg.de

www.macht-worte.com

Veranstaltungsdaten:

Freitag, 06. Oktober 2023:

„SCHWER IN BEWEGUNG“

Der Poetry Slam zum Thema „Transporte im Wandel der Zeit“

Dichterschlacht mit fünf Poet*innen über zwei Lese-Runden und den Moderatoren Henning Chadde und Jan Sedelies.

Ort:                  Weltkulturerbe Rammelsberg/Alte Schlosserei, Bergtal 19, 38640 Goslar

Beginn            19:30 Uhr (Einlass: 18:30 Uhr)

Eintritt:            18,- Euro, ermäßigt: 15,- Euro

Eine Veranstaltung vom Weltkulturerbe Rammelsberg in Kooperation mit „Macht Worte!“ – der hannoversche Poetry Slam.

Ein Ticketerwerb bei uns vor Ort ist bereits möglich oder auch online unter rammelsberg.ticketfritz.de

Poetry Slam 2023 © Weltkulturerbe Rammelsberg/MachtWorte

Text: Henning Chadde

Leben und Arbeiten unter Zwang: Zwangsarbeiter am Erzbergwerk Rammelsberg zwischen 1939 und 1945

Am diesjährigen Tag des offenen Denkmals, am 10. September 2023, wurde im Beisein der Oberbürgermeisterin Urte Schwerdtner die Sonderausstellung „Leben und Arbeiten unter Zwang: Zwangsarbeiter am Erzbergwerk Rammelsberg zwischen 1939 und 1945“ im Schwerspatraum des Weltkulturerbes Rammelsberg eröffnet.

Die Sonderausstellung wurde von Studierenden des Historischen Seminars der Leibniz Universität Hannover erarbeitet und in einer Projektwoche aufgebaut. Unter der Leitung des Historikers Prof. Dr. Karl-Heinz Schneider haben in Kooperation mit Dr. Johannes Großewinkelmann vom Weltkulturerbe Rammelsberg, Georg Drechsler von der Arbeitsstelle Montanarchäologie des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege und des Historikers Bernd Wehrenpfennig die Studierenden Ergebnisse aus einem aktuellen Forschungsprojekt zur Zwangsarbeit am Erzbergwerk Rammelsberg  aufgegriffen und in der Ausstellung umgesetzt.


Das Aufbauteam der Sonderausstellung: Foto: Weltkulturerbe Rammelsberg.

Das von der Friede Springer Stiftung geförderte Forschungsprojekt „Räume der Unterdrückung: Neue geschichtswissenschaftliche und archäologische Forschungen zur Geschichte der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter am Erzbergwerk Rammelsberg“ hat die Ausgrabung der ehemaligen Standorte der Zwangsarbeiterlager und die Neubewertung von historischen Unterlagen zur Zwangsarbeit ins Zentrum der Untersuchungen gestellt. Nach der Zeit des Erinnerns durch die Befragung von Zeitzeugen, können die Ausgrabungen der Archäologen in Verbindung mit einer Neubewertung historischer Quellen der Vermittlung der historischen Zusammenhänge zur Zwangsarbeit im Nationalsozialismus neue Impulse verleihen. Archäologen und Historiker haben in dem Forschungsprojekt die Arbeit der Behörden, der Verwaltungen, der Betriebsleiter, der Lagerführer und der Wachmannschaften bei der Organisation der Zwangsarbeit in den Fokus gerückt. Die Studierenden des Historischen Seminars haben aus den Forschungsergebnissen einzelne Themen aufgegriffen und aus ihrer Perspektive präsentiert. Themen wie Sexualität und Freundschaften unter Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern, aber auch zwischen ihnen und deutschen Arbeiterinnen und Arbeitern, sowie Hunger, Täter und Arbeitsunfälle lassen erahnen, unter welchen Bedingungen die aus ihrer Heimat ins Deutsche Reich verschleppten Menschen unter den Augen der deutschen Bevölkerung ausgesetzt waren.  


Studierende und Mitarbeiter, die am Aufbau der Sonderausstellung beteiligt waren, bekommen nach der Eröffnung von Geschäftsführer Gerhard Lenz eine Sonnenblume überreicht. Foto: Weltkulturerbe Rammelsberg.

Diese Sonderausstellung vermittelt durch die Art der Inszenierung des Themas im Raum, durch zahlreiche Objekte aus der Ausgrabung, durch Installationen und Medien, auf verschiedenen Ebenen das brutale Handeln der Täter und das unvorstellbare Leiden der Opfer. 


Führung durch die Sonderausstellung mit Mitarbeitern der Abteilung Besucherservice des Weltkulturerbes Rammelsberg. Foto: Weltkulturerbe Rammelsberg.

Mit der Präsentation dieser Sonderausstellung findet die Vermittlungsarbeit innerhalb des zweijährigen Forschungsprojektes, das Ende September 2023 endet, ihren Abschluss. Die Ausstellung wird noch bis Anfang kommenden Jahres gezeigt. Eine für das nächste Jahr geplante Publikation wird die umfangreichen Ergebnisse des Forschungsprojektes zur Geschichte der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter am Erzbergwerk Rammelsberg vorstellen.  

Immer auf dem richtigen Weg

Mit der neuen App durchs UNESCO-Welterbe im Harz

Ein Beitrag von Lea Dirks.

Sie suchen für das Wochenende ein spannendes Ausflugsziel oder wollen vielleicht mit dem Fahrrad eine Tour im Harz unternehmen? Dann schauen Sie doch mal rein in die neue App für das UNESCO-Welterbe im Harz. Die App erweitert die Möglichkeiten das Welterbe auf innovative Weise zu entdecken. Ganz gleich, ob alleine oder in der Gruppe, zu Fuß oder mit dem Auto – diese App eröffnet neue Perspektiven auf das Welterbe im Harz.

Seit August steht die App für Nutzer:innen zum Download bereit und ermöglicht Ihnen eine moderne Art das Welterbe zu erkunden. In den vergangenen neun Monaten hat die Stiftung UNESCO-Welterbe im Harz, zusammen mit Europas größter Outdoor-Plattform Outdooractive, intensiv an einer App für die Welterbestätte Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft gearbeitet.

Die App macht es nun möglich, sämtliche Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten des UNESCO-Welterbes auf Android- und iOS-Geräten abzurufen. Mit nur einem Klick können Sie spannende Touren, informative Führungen, interessante Ausflugsziele und anstehende Veranstaltungen entdecken. Ganz gleich, ob Sie das Welterbe im Harz mit dem E-Bike, zu Fuß, mit dem Auto oder dem Motorrad erkunden möchten – die App bietet für jede Vorliebe die passende Tour.

Mit der App im Welterbe im Harz unterwegs. Foto: Stiftung Welterbe im Harz, Foto: S. Sobotta

Bei Touren ist die App Ihr zuverlässiger Wegbegleiter und navigiert Sie an Ihr gewünschtes Ziel. An vielen interessanten Ausflugszielen halten Audioguide-Tonspuren außerdem spannende Details und vertiefende Informationen bereit. Die App ermöglicht so eine interaktive und informative Reise durch das Labyrinth der verborgenen Schätze des UNESCO-Welterbes im Harz.

Präzise Karten, die in allen Zoomstufen gestochen scharf sind, zeigen Ihnen dabei immer den richtigen Weg durchs Welterbe. Intelligente Filter, eine leistungsstarke Suchfunktion und eine benutzerfreundliche Oberfläche helfen dabei, immer alle wichtigen Informationen im Blick zu haben.

Die Huttaler Widerwaage erkunden. © Stiftung Welterbe im Harz, Foto: S. Sobotta

Wer die besondere Herausforderung sucht, kann sich den „Welterbe-Challenges“ anschließen. Um die Welterbe-Challenge zu meistern, müssen bestimmte Ziele im Welterbe digital gesammelt werden. Die Stempel sind nicht nur eine Belohnung, sondern auch eine Möglichkeit, die eigenen Erfolge und Abenteuer im UNESCO-Welterbe im Harz festzuhalten. Wer die Challenge erfolgreich absolviert hat, erhält am Ende auch ein wohl verdientes – digitales – Abzeichen, das mit der gesamten Community und über Social Media geteilt werden kann.

In den letzten Jahren konnte die Stiftung UNESCO-Welterbe im Harz mehrere umfangreiche Projekte umsetzen, die die Welterbestätte in ihrer großen Fläche sichtbar machen, die einzelnen Orte vernetzen und ihre besondere Geschichte vermitteln. Insbesondere die drei Welterbe-Infozentren in Goslar, Walkenried und Clausthal-Zellerfeld bieten Besucher:innen eine kompakte und übersichtliche Darstellung der Welterbestätte als Ganzes, aber auch die unmittelbar umliegenden Denkmale, Vermittlungs- und Veranstaltungsangebote an einem Ort. Darauf aufbauend begleitet die App nun die Nutzer:innen in die Fläche selbst und an die authentischen Orte des Welterbes und bildet damit die ideale Ergänzung zu dem Besuch der Welterbe-Infozentren.

Die Welterbe im Harz-App ist Ihr Fenster zu einer digitaleren Welt des UNESCO-Welterbes im Harz. Mit modernster Technologie ermöglicht sie es Ihnen, das Erbe auf eine völlig neue und fesselnde Weise zu erleben. Willkommen zu Ihrer digitalen Entdeckungstour: einer Reise in die Vergangenheit und Gegenwart des UNESCO-Welterbes im Harz – alles in Ihren Händen.

30 Jahre Grubenbahnführung

 

In diesen Tagen jähren sich die Jungfernfahrt unserer Grubenbahn und die zugehörige Führung zum 30. mal.  Obwohl die Fahrzeuge selbst mit knapp 45 Jahren schon deutlich älter sind, da es sich um Originale aus der Rammelsberger Betriebszeit von vor 1988 handelt.

Lok Nr. 15 im Jahr 2023.

30 Jahre – aber eigentlich auch schon älter

Die Personenwagen wurden zwischen 1975 und 1976 neu beschafft und die Loks wurden in ihrer heutigen Ausführung 1977 gebaut. Obwohl eine zeitliche Nähe besteht, sind die Loks und die Wagen nie in einem Zugverband zusammen unterwegs gewesen, da sie zu unterschiedlichen Zwecken beschafft wurden und in unterschiedlichen Bereichen des Bergwerkes zu Einsatz kamen.
Die Loks waren auf der 8. Sohle zum Transport von Versatzmaterial (Material zum Verfüllen ausgeerzter Grubenbaue) im Einsatz und die Wagen fuhren noch tiefer im Berg auf der 10. – 12. Sohle und transportierten dort die Bergleute vom Rammelsbergschacht zu ihren Arbeitsplätzen.
Nach dem Betriebsende 1988 wurden die Fahrzeuge nach über Tage verbracht. Ab 1993 erstmal zu einem Zug zusammengestellt und für die damals noch geplante Führung „Mit der Grubenbahn vor Ort: Bergbau im 20. Jahrhundert“ vorgesehen. Diese Führung hat nun schon 30 Jahre Bestand und damit sind die Loks und Wagen schon deutlich länger im musealen Einsatz für unsere Gäste als ursprünglich untertage für die Bergleute. Einen ausführlichen Einblick über die Geschichte des gleisgebundenen Personentransportes am Rammelsberg und Geschichten „rechts und links des Gleises“ finden Sie auch auf unserem YouTube Kanal: https://www.youtube.com/watch?v=lgAN6u9LzZM

Lok Nr. 15 im Versatztransport auf der 8. Sohle, Sammlung Weltkulturerbe Rammelsberg

Bild 2 Personenwagen im Einsatz auf den unteren Sohlen, Sammlung Weltkulturerbe Rammelsberg

Die Führung – Mit der Grubenbahn vor Ort: Bergbau im 20. Jahrhundert

Inhalt der Führung ist der Arbeitstag eines Rammelsberger Bergmanns in den 1960er/1970er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.
Beginnend, wie zum Schichtbeginn in früheren Zeiten, starten die Besucher mit ihrer Führung in der Kaue. Und dann geht es zum Schacht, genauer gesagt zum Richtschacht, der sich 500 m im Berg befindet. Die Bergleute gelangten bis in die Mitte der 1970er Jahre von hier aus auf die tiefer gelegenen Abbausohlen. Das änderte sich jedoch grundlegend als der Rammelsbergschacht (mit seinem markanten Fördergerüst) zum Hauptfahrschacht erklärt wurde. Dadurch verkürzte sich zwar der fußläufige Weg von der Kaue zu Schacht auf ein paar Minuten, jedoch verlängerten sich automatisch die Wege auf den tiefergelegenen Abbausohlen, teilweise bis zu einen Kilometer. Um diese Distanz zu überbrücken, wurden von der Werksleitung 1976 und 1977 die Personenwagen angeschafft und erstmals ein geleisgebundener Personentransport am Rammelsberg eingeführt. Da wir uns mit unseren Gästen nicht in über 400 m Tiefe bewegen können, fährt die Grubenbahn heute von der Werkstraße aus zum Bereich des Richtschachtes. Die Fahrt dauert knapp fünf Minuten und vermittelt einen authentischen Eindruck der Gegebenheiten der Grubenbahn Ende der 1970er Anfang der 1980er Jahre.  
Im Bereich des Richtschachtes angekommen, wird den Besuchern die bergmännische Arbeit der zweiten Hälfte des 20 Jahrhunderts gezeigt. Eine Arbeit, die zu diesem Zeitpunkt schon einen hohen Grad der Mechanisierung aufwies. Der Einsatz von pneumatischen Bohrhämmern im Allgemeinen prägt bis heute das typische Bild eines Bergmans bei der Arbeit. Wie und wozu diese Bohrhämmer im Rammelsberg zum Einsatz kamen, wird den Besuchern anhand von funktionsfähigen Maschinen vorgeführt. Genauso wichtig wie der Abbau des Erzes war der Transport zum Schacht (Streckenförderung) und der Transport nach über Tage (Schachtförderung), weshalb die Entwicklung des gleisgebundenen Transportes des Erzes ebenfalls erläutert wird.
Die originalen Maschinen und gezeigten Techniken, finden in stetig verbesserter Form noch heute im Bergbau ihre Anwendung. Denn an dem Grundsatz: Gewinnen des Wertmaterials unter Tage, die Streckenförderung und die Schachtförderung nach über Tage hat sich auch im 21. Jahrhindert nichts geändert.

Barrierearme Führung – Das Rollimobil

Als Weltkulturerbe fühlt sich der Rammelsberg besonders verpflichtet, Möglichkeiten der gleichberechtigten Teilhabe an Kultur für alle Menschen zu schaffen. Für den Bereich der Grubenbahnführung ist es seit September 2011 durch den täglichen Einsatz des sog. „Rollimobils“ für bis zwei Rollstuhlfahrer möglich, an dieser Führung teilzunehmen. Bei diesem speziellen Wagen handelt sich Originalwagen, der eigens für die Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern umgebaut worden ist. Der gesamte Umbau von der ersten Idee bis zur Fertigstellung erfolgte in der museumseigenen Schlosserei in Absprache mit den zuständigen Ämtern und Behörden.

Die Führung, die nun schon seit 30 Jahren besteht, zählt zu den beliebtesten Führungen des Museums und Besucherbergwerkes Rammelsberg. Und wir tun im Haus alles dafür, dass es auch so bleibt!

Die Grubenbahn heute

Technische Daten:

Die Wagen:
Zwischen 1975 – 1976  wurden insgesamt zwölf geschlossene Personenwagen für den Rammelsberg beschafft – Einsatzorte waren die 10., 11. und später die 12.  Sohle des Bergwerks (10 Personen pro Wagen).
Hersteller: Unkel & Meyer Wattenscheid

Die Lokomotiven:
Die beiden elektrisch betriebenen Loks Nr. 14 und 15 stammen aus dem Jahr 1977– ursprünglicher Einsatzort war die 8. Sohle des Bergwerks, wo sie zum Versatztransport eingesetzt wurden, sie fuhren Wendezugbetrieb und verfügten ursprünglich über eine Fernsteuerung, die heute nicht mehr installiert ist.
Da Neuanschaffungen zu teuer gewesen wären, wurden die Loks wurden am Rammelsberg geplant und gebaut. Die Motoren stammten aus Reservebeständen bzw. einer ausgeschlachteten Lok des Typs Siemens EL 9. Die Rahmen wurden in den werkseigenen Werkstätten in Oker gebaut, die Endmontage erfolgte direkt am Rammelsberg.
– Gewicht ca. 4 t
– Leistung 11 kW, der benötigte Strom kommt aus dem mitgeführten Akku

Das Rollimobil:
– Umbau eines bestehenden Personenwagens
– Fertigstellung September 2011
– seit September 2011 im täglichen Einsatz

Die Kraftzentrale – eine filmische Perspektive

Seit 2014 finden unter der Leitung von Prof. Dr. Karl-Heinz Schneider vom Historischen Seminar der Leibniz-Universität Hannover und Dr. Johannes Großewinkelmann vom Weltkulturerbe Rammelsberg Seminare mit Studierenden statt, in denen verschiedene Themen zur Geschichte des Erzbergwerks Rammelsberg bearbeitet werden. Im Herbst werden in einer Projektwoche die Ergebnisse des Seminars am Weltkulturerbe Rammelsberg in Sonderausstellungen präsentiert. Der Videofilm zur Geschichte der Kraftzentrale des Weltkulturerbes Rammelsberg ist das Ergebnis einer studentischen Projektgruppe aus dem Jahr 2019.

In diesem Jahr wird im Rahmen eines solchen Seminars eine Sonderausstellung zu den aktuellen archäologischen und geschichtswissenschaftlichen Forschungen zur Geschichte der Zwangsarbeiter:innen am Erzbergwerk Rammelsberg im Zweiten Weltkrieg erarbeitet. Diese Sonderausstellung wird am diesjährigen Tag des offenen Denkmals, am 10. September 2023 um 11.00 Uhr im Schwerspatraum des Weltkulturerbes Rammelsberg eröffnet.

„Werkstatt Einfallsreich“ – Ein buntes Familienprogramm für Groß und Klein

 

Die Werkstatt Einfallsreich ist einerseits ein neuer Workshop-Raum am Rammelsberg (siehe voriger Blogbeitrag) und andererseits ein besonderes Aktions-Format, das sich an Familien mit Kindern richtet. Dieses Angebot wurde im vorigen Jahr von der Abteilung „Bildung und Vermittlung“ entwickelt und mehrfach erfolgreich durchgeführt. Auch in diesem Jahr gab es bereits einen Termin der Werkstatt Einfallreich. Kinder und Erwachsene können somit am 15. Juli von 11.00-16.00 Uhr bei gutem Wetter draußen auf der Werksstraße und bei Regen in der „Werkstatt Einfallsreich“ Forschen, Spielen und kreativ Tätig werden und Lernen, alles unter dem Motto: „Gesteine und Mineralien“. Dieses Angebot findet zusätzlich zu den Unter-Tage-Führungen statt und die Teilnehmer starten diese Familien-Aktion häufig mit der Rammelsberger Tastkiste. Sie ist gefüllt mit Bergbau-Gegenständen, die dabei helfen erste Erkenntnisse über den Rammelsberger Bergbau zu gewinnen. Anschließend werden erste Bestimmungsübungen von Gesteinen und Mineralien durchgeführt und Fachkräfte unterstützen dabei. Und unter dem Binokular bewundert man die einzigartigen Kristalle verschiedener Mineralen. Zudem sind wunderschöne und sehr große Kristalle die idealen Zeichen- Modelle. Minerale und Gesteine, Papier, Bleistifte und Buntstifte liegen bereit.

Die Bestimmung von Gesteinen und Mineralien. Foto: Weltkulturerbe Rammelsberg

Am 29. Juli und am 21. Oktober, ebenfalls von 11.00-16.00 Uhr, dreht sich in der Werkstatt Einfallsreich alles um das Thema „Kunterbuntes Malen und Experimentieren mit Pigmenten“. Hier  beschäftigen wir uns mit den Farben des Rammelsberges. Dies sind die wunderbaren Vitriole, die farbenprächtigen Metallsalze unter Tage und der besondere Rammelsberger Ocker, den es nur bei uns gibt und nirgendwo sonst auf der Welt! Wir mischen unsere eigene Rammelsberger Ockerfarbe an, arbeiten mit weiteren Pigmenten und probieren verschiedene Lösungs- und Bindemittel, bildnerische Techniken und Maluntergründe aus. Außerdem probieren wir verschiedene Materialien zum Drucken und nutzen neben Stiften in Metallfarben auch goldene, silberne und kupferne Papier- und Pappfolien von Verpackungen. Das macht Spaß und zeigt auf, wie wir mit natürlichen Ausgangsstoffen und mit auf dem ersten Blick wertlosen Materialien tolle Kunstwerke nachhaltig und ökologisch sinnvoll gestalten können.

Werkstatt Einfallsreich: Mörsern von Rammelsberger Ocker © Weltkulturerbe Rammelsberg

Wer kann mitmachen:

Jeder, der an diesem Tag am Rammelsberg ist und Über-Tage Eintritt bezahlt hat oder eine Unter-Tage-Führung hatte!

Was kostet das?

Für jeden, der den Rammelsberg-Eintritt bezahlt hat, ist das Programm kostenfrei, aber wir bitten um eine kleine Spende vor Ort für Personal und Materialverbrauch.

Dieses Programm ist eine Aktion der Rammelsberger Museumspädagogik im Rahmen von Bildung für nachhaltige Entwicklung!

Größere Gruppen bitten wir sich vorher unter: reimold@rammelsberg.de anzumelden!

„Bildung und Vermittlung“: Ein neuer Raum

Im ehemaligen Magazingebäude am Rammelsberg wurde kürzlich dem Museum ein neuer Raum für museumspädagogische Zwecke überlassen. Wir nannten ihn „Werkstatt Einfallsreich“. Hier finden nun viele der Workshops und Aktionen statt, die dazu beitragen die Unter-Tage gewonnenen Eindrücke und Erkenntnisse zu verarbeiten und zu erweitern.

Und da sich ein großer Schwerpunkt unserer Bildungsarbeit an Schüler:innen und Lehrer:innen richtet, haben wir nun die Möglichkeit, ihnen einen Rückzugs- und Arbeitsort zur Verfügung zu stellen, der einzig und allein für diese Zwecke genutzt wird. Hier können sie völlig störungsfrei arbeiten und kreativ tätig werden. In erster Linie geschieht das unter unserer Anleitung und die Arbeits- und Kreativmaterialien wie beispielsweise Farben, Pigmente, Binokulare, Gesteine und Mineralien, Modelle und Werkzeuge sind nun in den großen alten Regalen untergebracht, die bereits zuvor hier im ehemaligen „Bergwerks-Magazin“ genutzt worden. In diesen Holzregalen magazinierte der Bergwerksbetrieb früher Dinge, die zur Instandhaltung des über- und untertägigen Grubenbetriebes benötigt wurden.

Ganz besonders freuen wir uns über die neu angeschafften großen stabilen und tiefen Waschbecken, die nun zum Beispiel für den Workshop „Die Farben des Berges“ genutzt werden. Hier können die Schüler:innen ihre Farbtabletts nun eigenständig abwaschen. Und die vom Museum angeschafften Tische und Stühle können, je nach Bildungssituation, auf vielfältige Art und Weise aufgebaut und genutzt werden. Das passt zu unserem vielfältigen museumspädagogischen Angebot.

Vom ersten Tag an war die „Werkstatt Einfallsreich“ belebt:

So waren zum Beispiel die Schüler:innen unsere Projektes „Young Climate Action for World Heritage“ vor Ort, um das Escape-game, das im September der breiten Öffentlichkeit vorgestellt wird, weiterzuentwickeln.

Projekt Young Climate Action for World Heritage in der Werkstatt Einfallsreich. © Weltkulturerbe Rammelsberg

Mehrere unserer regulären Workshopangebote fanden bereits  statt und die Kulturvermittler waren unter anderem sehr zufrieden mit der Größe des Raumes, in dem eine Schulklasse von über 30 Personen Platz nehmen und arbeiten kann. Gemeinsam mit drei Lehrer-Arbeitsgruppen der Berufsbildenden Schulen Goslar/Seesen erarbeiteten wir in der „Werkstatt Einfallsreich“ erste Projektideen für unsere dreijährige Kooperation im Förderprojekt „Schule:Kultur!“.

Workshop Licht und Dunkelheit aufgebaut. © Weltkulturerbe Rammelsberg

Und zum Welterbetag am vergangenen Sonntag wurde die „Werkstatt Einfallsreich“ zum ersten Mal einer breiten Öffentlichkeit präsentiert und zudem unser Schul-Workshop „Licht- und Dunkelheit“ vorgestellt. Er kann in Kombination mit einer Unter-Tage-Führung jederzeit von Schulklassen gebucht werden.

Dingwelten: Die Neugestaltung der Ausstellung der oberen Etage im Museumshaus „Magazin“

Von Dr. Johannes Großewinkelmann

Vom EXPO-Projekt zur Dauerausstellung: Der Umbau des ehemaligen Zentralmagazin

Im Jahr 2000 war Hannover Standort der Weltausstellung EXPO 2000. Bereits 1995 fiel die Entscheidung, auch das Weltkulturerbe Rammelsberg in Goslar zu einem dezentralen Standort der EXPO-Ausstellung zu machen. Mit dieser Entscheidung flossen erhebliche Fördermittel in das Museum & Besucherbergwerk zum Auf- und Ausbau der musealen Infrastruktur. Dazu gehörte auch der Umbau des ehemaligen Zentralmagazins des Erzbergwerks zu einem Museumshaus mit kulturhistorischer Dauerausstellung.

Die Weltausstellung in Hannover hatte sich als zentrales Thema die Interaktionen von Menschen, Natur und Technik auf die Fahnen geschrieben und damit bot sich das Weltkulturerbe Rammelsberg als Außenstelle geradezu an. Ziel war es, aus verschiedenen Perspektiven das Zusammenspiel und die gegenseitige Bedingtheit von Menschen, Natur und Technik im Bergbau aufzuzeigen. Dazu gehörten die geologischen Voraussetzungen, die technischen Möglichkeiten des Abbaus, die sich im Laufe der Zeit deutlich veränderten, aber auch die Lebensumstände der Menschen und dies alles unter den jeweiligen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Systemen.

Für das Magazingebäude wurde ein Konzept erarbeitet, nach dem das Mittel- und das Untergeschoss komplett entkernt und neugestaltet wurden. Weitgehend original erhalten blieben der Lokschuppen im Untergeschoss und in der oberen Etage ein Teil der Magazinfläche mit Einbauten. Außerdem blieb Gebäudehülle im authentischen Zustand und wurde saniert. 

Die Ausstellung auf der oberen Etage des Museumshauses „Magazin“ vor dem Umbau

Auf der oberen Etage des Museumshauses Magazin befanden sich nach dem Umbau Anfang 2000 drei unterschiedliche Funktionsbereiche: a) ein original erhaltener Teil des früheren Zentralmagazins; b) freistehende Lagerflächen und c) eine Dauerausstellungsfläche, die aus Eingangs- und Sammlungsbereich mit bergmännischen Werkzeugen und Maschinen bestand.

Wandelemente aus Lochblechen trennten den Ausstellungsbereich vom original erhaltenen Lagerbereich und ermöglichen den Besucher:innen einen diffusen Durchblick in dieses authentische Magazin. Dadurch sollte die Assoziation zur ursprünglichen Nutzung dieses Gebäudes als Lager für den Bergbaubetrieb hergestellt werden. Zwischen musealer Nutzung der einen Raumhälfte und authentischer Nutzung der anderen Raumhälfte sollten die Lochbleche eine Art kommunikative Verbindung herstellen.

Abb. 1: Hinter dem Schmiededorn ist die Lochblechwand mit Durchsicht zum Magazinbereich zu sehen. Foto: Weltkulturerbe Rammelsberg, 2015.

Im musealen Eingangs- und Sammlungsbereich der oberen Etage fand eine z.T. komplizierte Einführung in das Thema „Kulturgeschichte des Bergbaus“ statt. Hier sollte im Eingangsbereich mit einer Vielzahl an medialen Eindrücken eine Einstimmung auf die Themen der Dauerausstellung herbeigeführt werden. Der Sammlungsbereich, ausgestattet mit Handwerkzeugen und Maschinen aus dem Bergwerksbetrieb am Erzbergwerk Rammelsberg war als Einstimmung in die materielle Welt des Bergbaus gedacht.     

Dieser Eingangsbereich hat nie richtig funktioniert und war deshalb mehrmals Gegenstand von Umgestaltungen. Eine Besucherbefragung im Jahr 2019 ergab, dass eine Frage nach der ursprünglichen Funktion des Gebäudes nur beantworten konnte, wer die Bezeichnung „Magazin“ für das Museumshaus gelesen hatte. Die Lochblechwände und die ausgestellten Magazinregale, die eine Assoziation zur ursprünglichen Gebäudenutzung herstellen sollten, wirkten eher irritierend.

Abb. 2: Eingangsbereich zur Dauerausstellung in der oberen Etage vor Umbau (2010). Foto: Weltkulturerbe Rammelsberg, 2015.

Abb. 3: Eine Vielzahl an bergbaulichen Geräten aus der Sammlung soll die Besucher im Eingangsbereich auf die Kulturgeschichte des Bergbaus einstimmen. Foto: Weltkulturerbe Rammelsberg, 2015.

Die Neugestaltung der oberen Etage 

Eine komplette Neukonzeption der Dauerausstellung im Museumshaus Magazin wurde 2019 begonnen. Die folgenden drei Krisenjahre 2020 bis 2022 haben die Finanzierungspläne zur Konzeptionierung und Umsetzung einer neuen Dauerausstellung deutlich verändert. Von der geplanten, kompletten Umstrukturierung wurde abgewichen, um eine modulare Erneuerung der Ausstellung zu planen, die in mehreren Abschnitten vorgenommen und finanziert werden kann. Ausgangspunkt der modularen Umstrukturierung ist der authentische Ort, in dem die Dauerausstellung integriert ist. Es ist das ehemalige Zentralmagazin des Erzbergwerks. Die Neugestaltung wird im Eingangsbereich der oberen Etage an diesem authentischen Ort anknüpfen.

In einem Willkommensbereich werden zunächst Menschen vorgestellt, die am Erzbergwerk Rammelsberg gearbeitet haben. Besucher:innen können sich hier über die Einzigartigkeit des Weltkulturerbes Rammelsberg informieren. Danach werden in vier Vitrinen Dinge aus der Rammelsberger Bergbaugeschichte mit hoher symbolischer Kraft ausgestellt. Markante Daten und Fakten zur Geschichte des Erzbergbaus und zum Wandel des Magazingebäudes  runden diesen Einstieg und Überblick ab.

Abb. 4: Vitrinen im Eingangsbereich des Museumshauses „Magazin“. Foto: Weltkulturerbe Rammelsberg, Martin Wetzel, 2023.

Nach dieser Einführung bestimmen „Dingwelten“ die weitere Ausstellung, d.h. hier werden Museumsobjekte in unterschiedlichen Schaumagazinen präsentiert, um die Besucher:innen in die gegenständliche Welt des Bergbaumuseums zu entführen. Hier schließt der Ausstellungsansatz an die ursprüngliche Gebäudenutzung als Zentralmagazin an. 

Zunächst sind Besucher:innen in einem Bereich mit einer Vielzahl an bergmännischen Handwerkzeugen und Arbeitsmaschinen eingeladen, kognitiv und emphatisch Dinge zu „begreifen“. In einer kleinen „Schatzkammer“ entführen monetär, aber auch ideell wertvolle Museumsdinge die Besucher*innen in eine Welt, die abseits des schmutzigen Images vom Bergbau, Teil dieser Arbeitswelt war. In dem Bereich des authentisch erhaltenen Zentralmagazins des ehemaligen Erzbergwerks wird bei Führungen die ursprüngliche Materialwirtschaft des Bergwerks vorgestellt, als die Dinge noch nicht „just in time“ geliefert werden konnten.

Die Schaumagazine sind als Themeninseln konzipiert und nutzen kognitive, narrative und emotionale Zugänge zu Inhalten. Damit versuchen sie die Selbsterfahrung der Besucher*innen in den Vermittlungsprozess einzubeziehen. Die Besucher*innen werden zum Teil der Erzählung gemacht.

Abb. 5: Aufbau der „Dingwelten-Ausstellung“. Foto: Weltkulturerbe Rammelsberg, Martin Wetzel, 2023.

Neben den Schaudepots ist auf der oberen Ebene des Museumshauses „Magazin“ ein  Workshopbereich eingerichtet, in denen ein offener Umgang mit der musealen Dingwelt unter spezifischen Themen angestrebt wird. Hier können museumspädagogische, restauratorische oder sammlungsspezifische Projekte durchgeführt werden.

Abb. 6: Einrichtung der „Schatzkammer“. Foto: Weltkulturerbe Rammelsberg, Martin Wetzel, 2023.

Jugend-Akademie 2023

 

Die diesjährige Jugend-Akademie „Die Grubenbahn: Schienengebundener Transport im Wandel der Zeiten“ richtet sich an Schulklassen (7. bis 13. Klasse) und Jugend-Gruppen (ab 12 Jahren). Vom Juni bis zum Oktober besteht die Möglichkeit tägliche Führungstermine abzusprechen.

Mit der Grubenbahn fahren Schüler:innen an den Arbeitsplatz der ehemaligen Rammelsberger Bergleute. Doch die historische Entwicklung des Schienenverkehrs blickt auf eine lange Geschichte zurück. Welche Rohstoffe wurden aus dem Bergwerk zur Verhüttung transportiert und vor allem mit welchen Transportmitteln? Die Geschichte der Transportwege verbirgt einige Überraschungen und nachhaltige Erkenntnisse. Denn ohne den Erztransport wäre der Handel mit dem Rammelsberger Erz und den daraus hergestellten Produkten nicht möglich gewesen. Und auch sämtliche benötigten Werkzeuge, das Holz zum Abstützen der Grubenbaue und die arbeitenden Bergleute, alles musste entweder zu Fuß und mit Hilfsmitteln und später mit Hilfe von Maschinen und Fahrzeugen in den Berg und aus der Tiefe des Berges herausgeholt werden.

Am Anfang brachte der Bergmann das Erz mit Trog, Korb oder hölzernen Erztrage zu einem Förderkübel, der an einem Seil hing, das mit dem Handhaspel nach über Tage gezogen wurde. Dort luden wieder andere Bergleute das Gestein in eine so genannte Laufkarre und schoben diese bis zu einem Verhüttungsplatz, wo das Erz geröstet und das Metall gewonnen wurde. Bei der diesjährigen Jugend-Akademie können Schüler:innen Erztrage und Laufkarre auch praktisch ausprobieren.

Laden mit Kratze und Trog. © Weltkulturerbe Rammelsberg, Foto: S. Sobotta

Bei größeren Erzmengen nutzte man schon im Mittelalter so genannte hölzerne Förderwagen, Hunte genannt. Der Hunt beförderte das Erz vom Abbauort unter Tage aus dem Berg heraus. Huntsläufer wurden die Bergleute genannt, die diese Wagen durch  die dunklen Strecken bis zu einer Sammelstelle schoben. Das war eine sehr anstrengende Arbeit.

Die Arbeit im und am Berg stellte die Bergleute vor immer neue Herausforderungen und so dachten sie stetig über Arbeitserleichterungen nach. Die Probleme waren der Motor für neue Erfindungen. Eine der großartigsten Erfindungen des Transports ist die Schiene! Man kann ohne Übertreibung sagen, dass die Idee aus dem Bergbau, einen Wagen über Schienen laufen zu lassen, der Vorläufer für das gesamte Eisenbahnwesen war. Und nach der Verwendung von Holzschienen, Spurlatten genannt,  auf denen die Hunte liefen, wurden erstmals vor 170 Jahren auch am Rammelsberg Eisenschienen eingeführt. Als Förderwagen setzte man dann die so genannten „Englischen Hunte“ ein, die pro Wagen 2 Tonnen Erz fassen. Entleert wurden sie durch Kippen nach der Stirnseite. Nachdem aus den Holzkästen der Förderwagen Eisenkästen wurden, änderte sich die eckige Form nach und nach in eine runde Muldenform. Und als schließlich Grubenlokomotiven eingeführt waren, fertigte man noch größere Förderwagen aus Eisenblech, die Seitenkipper.

In der Rammelsberger Grubenbahn. © Weltkulturerbe Rammelsberg, Foto: S. Sobotta 

Viele dieser Grubenwagen können am Rammelsberg betrachtet werden und bei der Jugend-Akademie begutachten wir auch die Entwicklung der Schienen ganz genau. Eine Harzer Besonderheit sind die so genannten Hammelpfoten. Bei einer praktischen Aufgabe können diese zu einer kleinen    Gleistrecke zusammengesetzt und „befahren“ werden. Theorie und Praxis halten sich bei der gesamten Aktionsführung die Waage, so dass keine Langeweile aufkommt und das Lernen Freude macht.

Auch die Entwicklung der Schienenfahrzeuge und der verschiedenen Antriebe sind Gegenstand der Führung. Vor Ort können Fahrdrahtloks und auch historische Akkuloks ganz genau betrachtet und bewundert werden. Selbstverständlich ist, wie anfangs erwähnt, der Höhepunkt der Jugend-Akademie eine Fahrt mit der gelben Grubenbahn, gezogen von einer Akkulok! Unter Tage betrachten die Schüler:innen die so genannte Seilförderung am Richtschacht, die Erzförderung mit dem Schrapper und erproben unter anderem die händische Erzförderung mit den Werkzeugen Kratze und Trog.

Eine weitere Besonderheit der Aktionsführung stellt anschließend eine Fahrt mit dem Rammelsberger Schrägaufzug dar. Mit ihm geht es auf Schienen den Berg hinauf und auf der obersten Ebene der Erzaufbereitung zeigen wir eine wirklich spektakuläre Erfindung in Aktion: den Granby-Wagen. Dies ist ein Förderwagen, der dank seiner Konstruktion in Verbindung mit den konstruierten Gleisen, das Rammelsberger Erz selbsttätig abkippen kann. Mit Hilfe von Modellen haben die Schüler:innen schließlich die Möglichkeit sowohl Granby-Wagen, als auch die Schrägförderanlage noch besser zu verstehen und deren Funktion auszuprobieren.

Diese Aktionsführung ist ein Angebot unser Programme mit dem Schwerpunkt „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ und dauert inklusive fünfzehnminütiger Pause etwa 2,45 Stunden.