Von Dr. Johannes Großewinkelmann
Am Sonntag, den 16. April wurde im Schwerspatraum des Weltkulturerbes Rammelsberg eine Sonderausstellung mit Kunstwerken des Goslarer Künstlers Martin Gremse eröffnet. Es ist eine Werkschau, die das vielfältige künstlerische Schaffen von Martin Gremse präsentiert.
Der Künstler
Martin Gremse wurde am 16. Oktober 1983 in Goslar geboren. Schon in jungen Lebensjahren suchte er nach künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten. Früh erlernte er Siebdrucktechniken und begab sich auf die Suche nach dem eigenen künstlerischen Weg. Prof. Gerd Winner und Hajo Schulpius waren dabei wichtige Lehrer, Ratgeber und Wegbegleiter.
Neben Bildern, die sich immer wieder mit dem Thema der Spiegelungen des eigenen Ichs beschäftigten, experimentierte er mit Formen. Seiner naturwissenschaftlichen Neugier konnte er im Medizin-Studium mit dem Schwerpunkt Neurobiologie in Halle (2006 bis 2014) verfolgen. Es war für ihn eine Ergänzung für sein künstlerisches Schaffen.
Neben seiner Arbeit als Arzt blieb die Sehnsucht nach künstlerischem Ausdruck und Experimenten der wichtigste Teil seines intensiven Lebens. Die Arbeit im Atelier in Goslar wurde zur Suche nach Wahrheit und Grenzen der Transzendenz. Seine Kunstwerke sind Ausdruck dieser Suche. Inspirationen für seine Kunst fand er auf seinen Reisen in die ganze Welt. Neben einem dreimonatigen Praktikum in einer Favella in Brasilien, einer Pilgerreise auf dem Jakobsweg in Spanien, Seminarreisen nach Israel, Sizilien und Weißrussland, war Martin Gremse in vielen europäischen und außereuropäischen Ländern unterwegs. Bis zu seinem Tod am 5. Juni 2020 arbeitete er als Psychiater in der Universitätsklinik Bern. Der Ort seines künstlerischen Schaffens blieb aber über zwanzig Jahre Goslar.
Silber als Mittel einer einzigartigen Bildsprache
Die Verwendung von Silber durch Martin Gremse zur Beschichtung von Acrylgemälden und Glasskulpturen hat das Weltkulturerbe Rammelsberg zum Anlass genommen, die Werkschau zu präsentieren. Silber war ein wichtiges Mineral aus der Rammelsberger Erzlagerstätte. Der Silbergehalt der Lagerstätte lag immerhin bei durchschnittlich 120 Gramm pro Tonne. Das Edelmetall Silber besitzt einen hohen materiellen Wert. Besonders im Mittelalter weckten die Silberfunde im Rammelsberg die Begehrlichkeiten der damaligen Herrscher. Bereits im 10. / 11. Jahrhundert wurde aus dem Rammelsberger Silber Münzen geprägt. Goslar errichtete um 1500 eine eigene städtische Münzprägestätte, die bis Ende des 18. Jahrhunderts arbeitete. 1839 begann die Verwendung von Silber in der Fotografie mit der bahnbrechenden Entdeckung der Belichtung von silberhaltigen Beschichtungen. Die Verwendung von Silbersalzen in der Fotografie und Fotochemie war bis zum Durchbruch der digitalen Abbildungstechniken ein bedeutender Einsatzbereich dieses Edelmetalls. Heute wird Silber noch zur Herstellung von Schmuck- und Kunstgegenständen, Geschirr, Bestecken und in der Mikroelektronik genutzt.
Martin Gremse entwickelte in einem intensiven Prozess des Experimentierens mit verschiedenen Oberflächen (Holz, Leinwand, Gewebe, Papier, Stahl, Emaille, Glas) eine Technik der Versilberung seiner Bilder und Skulpturen. Er setzte dabei chemische Beschichtungen, physikalische Reinigungsverfahren, extreme Temperatureinwirkungen, Ätzungen und Versiegelungsprozesse ein. Durch das Silber verändern sich die Bilder von Martin Gremse auch nach der Fertigstellung fortwährend, weil die Schwefelverbindungen in der Luft die Farbigkeit des Silbers hin zu bronze-, kupfer- und goldfarbenen Aussehen verändern.
„Auf die Idee gekommen, mit Silber zu arbeiten, bin ich während meines Medizinstudiums. Es ist sozusagen die Weiterentwicklung der künstlerischen Erfahrungen, die ich beim Siebdruck gesammelt habe. Weil Silber das Material mit der höchsten Lichtreflexion ist, habe ich angefangen, damit zu experimentieren und zu malen. Dabei habe ich mit keramischen Farben auf Stahl gemalt und mit Schwarz-Weiß Fotografien die Motive bestimmt. So ist es mir gelungen die Lichtmalerei aus der Fotografie mit haptischer Malerei zu verbinden.“ (Martin Gremse)
Die großformatigen Bilder sind in z.T. in den Raum gehängt. Dadurch wirken sie wie Raumteiler und strukturieren die Ausstellungsfläche. Foto: Ipek Canbazer
Zum Aufbau der Sonderausstellung
Mit Stellwänden wurde innerhalb des Ausstellungsbereichs ein Raum abgeteilt, in dem mit Mobiliar aus dem Atelier von Martin Gremse eine Launch-Atmosphäre geschaffen wurde. In den originalen Sitzgelegenheiten aus der ehemaligen Künstler-Werkstatt kann ein ca. 15minütiger Film angeschaut werden, in dem Martin Gremse sehr private Einblick in seine Gedankenwelt gibt. Die Launch ist mit Bildern und Gegenständen ausgestattet, die ein Stück weit die Arbeit des Künstlers aufgreifen.
Mit dem Mobiliar aus dem Künstleratelier wurde innerhalb der Sonderausstellung eine Launch-Situation geschaffen. Foto: Ipek Canbazer
Die Außenwände dieses Launchbereichs sind mit Angaben zur Biografie und Zitaten von Martin Gremse über seine Kunst und seine spezielle Technik gestaltet.
Großformatige Bilder aus dem Oeuvre des Künstlers bilden vier Kabinette, in denen Besucher:innen die Ausdruckkraft dieser Werke wahrnehmen können.
Auf kleinen Bühnen stehen vor dem Fensterband des Schwerspatraums die von Martin Gremse zuletzt geschaffenen silbernen Glasskulpturen. Sie werden nicht durch eine künstliche Ausstellungsbeleuchtung angestrahlt. Das durch die Fenster einfallende Tageslicht bestimmt ihr Erscheinungsbild innerhalb der Ausstellung und das verändert sich im Tagesablauf mit wechselndem Lichteinfall.
In einem Werkstattbereich können Besucher:innen auf kleinformatigen Papiervorlagen selber aktiv werden und Inspirationen aus der Ausstellung mit eigenen Ideen künstlerisch zu Papier bringen.
Veranstaltungen im Rahmen der Sonderausstellung
Vortrag: „Vom Silber des Rammelsbergs zum künstlerischen Werk Martin Gremse“
Darstellung der prägenden Bedeutung von Silber als Münzmetall, in Wissenschaft und Technik bis zur darstellenden Kunst.
Referent: Prof. Dr. Kaufmann
7. Mai, 11.00 Uhr, Schwerspatraum, kostenfrei
Galerieabend mit Lesung und interaktivem Dialog
Lesung aus „ Der Doppelgänger “ von Fjodor M. Dostojewski in der Bearbeitung von Clemens Mädge. Gelesen von Magdalene Artelt und Marie-Thérèse Fontheim.
Nach der Lesung gibt es einen Austausch zum Thema “Spiegelungen und ihre Facetten: gesellschaftspolitische, physiologische und psychologische Gedanken“ mit Sabine Fontheim und Gertrude Endejan-Gremse.
- Juni, 19.00 Uhr, Schwerspatraum, Kosten: 15 €
Nähere Informationen zum Veranstaltungsprogramm im Rahmen der Sonderausstellung finden Sie auch auf unserer Homepage www.rammelsberg.de