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„Fremde“ und Einheimische sind Herzlich willkommen!

Liebe Gäste, wir wünschen Ihnen ein frohes Neues Jahr und hoffen, dass Sie trotz der schwierigen Zeiten ihre Zuversicht nicht verlieren!

„Herzlich Willkommen“ Teilnehmer des Bildungsurlaubs: „Bildhafte Industriekultur-
Von der Idee zum fertigen Bild“, 2021

Wir freuen uns über Ihren Besuch und hoffen zudem, dass wir Ihnen 2022 erneut mit unseren Führungen, Ausstellungen und Veranstaltungen Freude machen und Abwechslung bieten können!

Als Weltkulturerbe erwarten wir Gäste aus der ganzen Welt und im Jahr des 1100 jährigen Stadtjubiläums von Goslar freuen wir uns ganz besonders über Besucher aus Goslar und dem Harz, die vielleicht die ein oder andere Führung am Rammelsberg noch nicht mitgemacht haben oder erneut besuchen möchten. Bitte beachten Sie auch unseren neuen Veranstaltungskalender, das umfangreiche Jubiläums-Begleitprogramm und die Sonderausstellung: „1100 Jahre Goslar- Mit Erfolg gebaut“, die am 5. Juni eröffnet wird.

Bereits zu Betriebszeiten des Bergwerks durften Fremde, wie auswärtige Reisende genannt wurden, nach vorheriger Anmeldung in die Grube einfahren. Genaueres über diese Besuche und Besucher des 18. und 19. Jahrhunderts und den aufkommenden Harz-Tourismus können Sie noch bis zum 6. Februar in unserer Sonderausstellung „Reisen in den Schoß der Mutter Erde – Montantourismus im Harz“ erfahren.

Damals wie heute war gutes und ausreichendes Essen und Trinken die Voraussetzung einer erfolgreichen Reise. Und heute stärkt man sich direkt im Rammelsberg-Restaurant vor oder nach einer Führung oder dem Besuch der Ausstellungen. Und wie früher schon, wo jeder Gast gern gesehen wurde, ob Forschungsreisender, Handwerker, Fuhrmann, Student, Adliger, Bildungsbürger, Berg- und Hüttenmann, ist das auch heute so, allein die Unterscheidung der Gäste ist eine andere. Heute kommen sie alle und finden in einem der vielen Hotels, Pensionen, Jugendherbergen oder Ferienwohnungen eine ihren Vorstellungen und Bedürfnissen entsprechende Unterkunft. War die Anzahl der Goslarer Unterkünfte im 19. Jahrhundert auch noch nicht so groß, so gab es aber 1859 in der Stadt schon 5 und 1909 bereits 16 Hotels.

Postkarte „Hotel Kaiserworth“, Verlag von Römmler & Jonas, Dresden, 1897, Stadtarchiv Goslar

In einer Mitteilung der Berliner Beamtenvereinigung heißt es im Jahr 1900: „Der vielbesuchte, althistorische Ort ist reich an Sehenswürdigkeiten, unter welchen die prächtig restaurierte, mit herrlichen Wandgemälden geschmückte Kaiserpfalz unstreitig den ersten Platz einnimmt. Auch das Hotel Kaiserworth am Markt und das Speisehaus Das Brusttuch neben der Marktkirche verdienen hervorgehoben zu werden. Goslar eignet sich als gesunder Ort mit Gebirgsnatur vorzüglich zur Sommerfrische und ist wegen der mäßigen Preise und günstigen Steuerverhältnisse auch Pensionären und Rentiers zum dauerhaften Aufenthalt zu empfehlen.“

Das sogenannte Brusttuch ist eines der ältesten Goslarer Hotels, das seit 1870 als Gasthaus oder Speisehaus genutzt wurde. Ein altes Plakat zeigt, wie im späten 19. Jahrhundert in Touristenregionen das Speiseangebot durch die Einführung der Speisekarte à la carte erweitert wurde. Die Essenszeiten sind also nicht festgelegt und es gibt eine frei verfügbare Auswahl an Speisen. In gewöhnlichen Gaststätten gab es zu dieser Zeit keine freie Wahl des Menüs, sondern nur ein Tagesmenü zum Festpreis.Dieses Table de hôte wurdeim Brusttuchzusätzlich um 13 Uhr angeboten. Dann saßen alle Gäste zum Essen gemeinsam an einer großen Tafel. – Wie sehr würden wir uns heute über ein unbeschwertes gemeinsames Mahl an einer großen Tafel freuen! –

Plakat: „Hotel zum Brusttuch“, Lithographie, G. Keune, um 1900, Sammlung Goslarer Museum

Die Geschichte des Hauses bewahrt zudem einen bergmännischen Hintergrund: Denn das heute wegen seines riesigen und sehr spitzen Daches als Brusttuch (dreieckiges Tuch) titulierte ehemalige Wohnhaus, wurde 1526 im Auftrag von Johannes Thiling erbaut, ein Mann, der ein bedeutender Gruben – und Hüttenbesitzer war. Mit seinen aufwendigen Schnitzereien zeugt es vom Reichtum seines Besitzers, der einem alteingesessenen Patriziergeschlecht entstammte, einen juristischen Magistergrad erworben hatte und zeitweise Stadtsyndikus in Goslar war.

Reisegesellschaft auf den Bergwiesen vor dem Polsterberger Hubhaus, Zirkler, um 1900,
Sammlung Oberharzer Bergwerksmuseum Clausthal-Zellerfeld

Nach 1900 führte der Bahnverkehr dem Harz immer größere Ströme von Reisenden zu, die sich in der Sommerfrische erholen wollten. Auch Berg- und Hüttenwerke, die noch in Betrieb waren wurden von den Reisenden besucht. Aber manches, ursprünglich nur für bergbauliche Zwecke genutzte Gebäude, wurde nun anderen Zwecken zugeführt. Denn fallende Weltmarktpreise und die zunehmende Erschöpfung der Erzlager führten ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zur Schließung vieler Harzer Gruben und sukzessive begann bereits die Umnutzung von Bergbauanlagen für touristische Zwecke. So boten auch die Zechenhäuser den Fremden Aufenthalt und Nahrung und den Einheimischen ein Einkommen. Denn ursprünglich war mit der „Aufnahme“ (Inbetriebnahme) einer Grube immer auch ein Zechenhaus errichtet worden. Diese Zechenhäuser waren zugleich Wohn-, Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude. Hier hatten die Steiger ihre Dienstzimmer und die Bergleute versammelten sich zur Andacht. Im Zechenhaus wohnte ein Wärter, Hutmann genannt, der auch die Erlaubnis zum Bierausschank hatte. Dieser Umstand und der urwüchsige Charme der einfachen Waldwirtschaften machten die  Zechenhäuser bald zu einem beliebten Ausflugsziel für Reisende aller Art.

Im Jahr 1911 schreibt der Geh. Reg.-Rat Dr. Stegemann aus Braunschweig über das Wirtschaftslebendes Harzes: „Nicht weniger als 27 000 Schweine, 40 000 Ferkel, über 5000 Stück Rindvieh und 7000 Schafe wurden im Jahr 1907 in den Harzstationen zur Entladung gebracht. (…) Der Bierumsatz hat sich in demselben Zeitabschnitt von 5000 Tonnen auf 10 000 Tonnen … vermehrt. Daß der Harz trotz seiner rückgängigen bergbaulichen Produktion in der Lage ist, in so bedeutendem Maße zu konsumieren, ist in der Hauptsache auf das Aufblühen des Fremdenverkehrs zurückzuführen, der allein einen dauernden und ausreichenden Ersatz für die geschwundene Bedeutung des Bergbaus bieten zu können scheint.“[1]

Heute ist der Tourismus für den Harz und die Stadt Goslar ein noch bedeutenderer Wirtschaftszweig geworden. Die Bewohner leben für und mit den Reisenden und freuen sich darauf das anstehende Stadtjubiläum gemeinsam feiern zu können. Mit Umsicht, Besonnenheit und Gestaltungskraft wird es sicherlich möglich sein, das Fest auch in Pandemiezeiten angemessen zu begehen. Unterstützen Sie die Stadt Goslar und ihren Hausberg den Rammelsberg dabei!


[1] „Das Wirtschaftsleben des Harzgebietes“ Vorträge zur Vorbereitung und Durchführung einer Studienfahrt durch den Harz im Winterkursus 1910/11, Hrsg.: Vereinigung für staatswissenschaftliche Fortbildung, Berlin 1911, Selbstverlag, S. 16

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