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Bilder vom Harz – Zwei Maler der Romantik und der aufkommende Tourismus

In der Sonderausstellung „Reisen in den Schoß der Mutter Erde – Montantourismus im Harz“ präsentieren wir im fünften von insgesamt neun Museumsräumen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten, Originale, Drucke und Reproduktionen der Maler Friedrich Wilhelm Saxesen (*1792 – †1850) und Wilhelm Ripe (*1818 – †1885).

Beide Maler veräußerten ihre Kunstwerke an Reisende, nicht nur die Originale, sondern vor Allem die kostengünstigen und leichter zu transportierenden Drucke. Denn der nahezu unendlich zu vervielfältigende Stahlstich hatte Anfang des 19. Jahrhunderts endgültig die Drucktechnik des Kupferstichs abgelöst.

Wilhelm Ripe

Der Maler Wilhelm Ripe stammte aus Hahnenklee und ging in Clausthal zur Schule. Zu seinem Repertoire gehörten Gemälde von Städten und Landschaften des Harzes. Ripe malte diese Szenerien vor und der Stecher Albert Schule übertrug die Gemälde auf die Stahlplatte. Besonders durch die Sommerfrischler, Reisende, die über den Sommer der Enge der Städte entflohen, war die Nachfrage nach Souvenirs angewachsen. Also druckte und verkaufte die Goslarer Kunstanstalt und Verlags-Buchhandlung Ed. Brückner Ripes Stahlstiche einzeln oder als Mappe in sogenannten „Harz-Alben“, aber auch Briefpapier, Carte de Visite (Bildkärtchen) oder bedruckte Notizbücher fanden reißenden Absatz bei den Touristen.

Ripes Kunstwerke wirken wie spontan vor Ort skizzierte und später detailgetreu und sorgfältig ergänzte Momentaufnahmen, da sie häufig mit den in der Landschaft oder im städtischen Raum wirkenden Menschen bevölkert sind. Doch jedes Bild von Ripe wurde sorgfältig komponiert, ist oft inhaltlich vielschichtig und konstruiert nach dem „Goldenen Schnitt“. So kann der Bildbetrachter verschiedene Perspektiven einnehmen, sowohl kompositorisch, als auch inhaltlich.

Das Polstertal, Wilhelm Ripe, Sammlung Stadtarchiv Goslar

Der damals in der Regel wohlhabende Reisende kann sich selbst in den Bilder wiederfinden, häufig kontrastiert mit Menschen aus der Harzer Arbeitswelt. So finden sich beispielsweise bei genauerem Hinsehen auf einem Stahlstich des Polstertals bei Altenau sowohl Touristinnen beim Vergnügen auf einer Wiese, als auch die einheimischen Kiepenfrauen, die in ihren Kiepen auf dem Rücken Waren transportieren. Diese Frauen waren häufig mit Bergmännern verheiratet und konnten so für ihre Familie einen einträglichen Nebenerwerb erwirtschaften. Auch trugen sie neben diversen Waren die Taschen und die Ausrüstungen der Harzreisenden.

Die bergbauliche Blütezeit im Harz war zwar im 19. Jahrhundert vorüber, doch am Rammelsberg wurde 1856 ein neues Erzlager entdeckt. Grundsätzlich waren jedoch auch in Goslar die zusätzlichen Einnahmen durch die Reisenden sehr willkommen, da die Bergleute nicht gut verdienten und jedes Nebeneinkommen willkommen war. Der Maler Ripe zeichnete auch die Arbeitswelt des Bergbaus und achtete bei seinen Gemälden auf eine genaue Darstellung der Bergbautechnik und den dazugehörigen Tätigkeiten. Auf vielen Bildern dieses Genres herrscht eine gedrückte Stimmung und auf dem Gemälde „Streckeneinsturz“ kommt neben der Schwermut das Gefühl der Bedrohung hinzu: Nach dem Unglück sind die vom Maler dargestellten Bergleute verschüttet worden. Es ist ein dramatisches Geschehen mit umgestürztem Grubenwagen und Verletzten. Aber sie sind bereits versorgt worden und die Grubenlampen spenden Licht im Dunkel. Es gibt Hoffnung, denn Rettung naht von den über Tage herbeigeeilten Bergleuten. Einer der Eingeschlossenen hat sie bereits bemerkt, während ein anderer noch auf den Knien um Rettung fleht. Ein vielschichtiges Bild, das die täglich vorhandene Gefahr dieser Arbeitswelt und den Zusammenhalt einer gezwungenermaßen verschworenen Gemeinschaft vortrefflich beschreibt. Das Bild gehört zu insgesamt 12 Darstellungen von Stahlstichen zum berg- und hüttenmännischen Arbeiten und Leben, die Ripe zur Bildmappe „Brückners Harz-Berg-Album“ zusammenstellte.

Streckeneinsturz, Wilhelm Ripe, Fotografie der Zeichnung von Zirkler, Sammlung Oberharzer Wasserwirtschaft

Der Künstler wurde also „Chronist“ des damaligen Alltags- und Arbeitslebens des Harzes. Und die Touristen honorierten die qualitativ hervorragenden Drucke. Denn die romantischen, doch detailgetreu gezeichneten Harzszenen verkauften sich gut. Leider bekam der Maler selbst nur einen geringen Lohn und musste an verschieden Goslarer Schulen als Kunstlehrer arbeiten.

Wilhelm Saxesen

Der ursprünglich aus Holstein stammende und später in Clausthal lebende Maler Wilhelm Saxesen gilt heute als einer der wichtigsten Künstler zur Flora und Fauna des Harzes, außerdem schuf er zahlreiche Landschaftsansichten, die, wie die Bilder von Ripe, in Büchern veröffentlicht wurden. Eines der bekanntesten dieser Bücher ist die große Harzmonografie von Dr. Christian Zimmermann: „Das Harzgebirge in besonderer Beziehung auf Natur und Gewerbskunde geschildert – Ein Handbuch für Reisende und Alle, die das Gebirge näher kennen zu lernen wünschen, mit Nachweisungen über Naturschönheiten – In Verbindung mit Freunden unternommen von Dr. Christian Zimmermann“, Darmstadt, Druck und Verlag von Carl Wilhelm Leske, 1834, Kupferstiche von Friedrich Wilhelm Saxesen.

Der Autor Christian Zimmermann schreibt: „In Rücksicht der Auswahl der Landschaftsbilder, die zu diesem Buche gehören, könnte getadelt werden, dass sie vorzüglich dem Oberharze entnommen sind. Es ist dieß aber mit Absicht geschehen, da die schönen Gegenden des Vorharzes und Harzrandes schon vielfach zu künstlerischen Unternehmungen gedient haben, und bei der getroffenen Auswahl wenig bekannte Aussichten und Ansichten geliefert werden sollten.“

Von 1826 bis 1842 unterrichtet Friedrich Wilhelm Saxesen als Zeichenlehrer an der Berg- und Forstschule. Hier lernte er auch den Bergsekretär Zimmermann kennen, ebenfalls Lehrer an dieser Institution. Eine gute Verbindung für gemeinsame Projekte wie Befahrungen mit den Studenten und die Erarbeitung des Handbuchs für Reisende.

Auch Saxesen konnte von seiner Malerei nicht leben und unterrichtete ab 1831 an der Berg- und Forstschule außerdem die Fächer Allgemeine Naturgeschichte, Botanik und Insektologie. Des Weiteren unterrichtete er an der Bergschule Freihandzeichnen und brachte zwei Lehrbücher heraus. Im Nebenerwerb betrieb er einen Handel mit Kupferstichen und Malutensilien aller Art.

Auch sein Malstil ist von der Romantik geprägt, wobei bei ihm weniger das Alltagsleben, als vielmehr die Landschaft und besonders die Natur im Vordergrund stehen. Wie bei Ripe prägen Harmonie und Komposition seine Gemälde. Und auch von vielen seiner Bilder existieren zahlreiche Druckvarianten, die käuflich erworben werden konnten wie von dem Bild „Goslar mit dem Rammelsberg“: Eingerahmt von Bäumen, Buschwerk und Gräsern liegen im Bildhintergrund die Stadt und der Rammelsberg mit seinen Übertageanlagen. Der Blick des Betrachters schweift ins Weite. Im Bildvordergrund sieht man zwei Reiter, ins Gespräch vertieft, die Stadt auf einem Hohlweg verlassend. Links am Wegesrand, mit dem Rücken zum Betrachter, ein Stilmittel der Romantik, dengelt ein sitzender Bauer die Sense. Die Bildkomposition harmonisch ausgleichend sieht man auf der rechten Bildseite einen Bauern, der die Saat ausbringt.

Goslar mit dem Rammelsberg, Wilhelm Saxesen, Grußblatt, Sammlung Goslarer Museum
Goslar mit dem Rammelsberge, Wilhelm Saxesen, Sammlung Goslarer Museum

Besonders eindrucksvoll ist das Ölgemälde „Altenau“, von 1825. Es befindet sich in der Sammlung des Oberharzer Bergwerksmuseums in Clausthal-Zellerfeld: Zwei Reisende stehen mit dem Rücken zum Betrachter und ziehen so seinen Blick in das Bild hinein. Die Naturbetrachtung wird durch dieses Stilmittel der Romantik intensiviert. Kontrastiert wird das Gemälde zusätzlich durch die Komplementärfarben rot und grün.

Altenau, Wilhelm Saxesen, Sammlung Goslarer Museum

Bitte besuchen Sie die noch bis zum 21. November geöffnete Sonderausstellung und lernen Sie weitere Gemälde und Drucke beider Maler kennen.

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