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Vor 250 Jahren im Berg

Im Oktober 1671 unternehmen die Oberharzer Bergbedienten Hans Schwabe, Daniel Flach und Georg Keller zusammen mit Unterharzer Kollegen eine Befahrung der Rammelsberger Gruben. Dabei stoßen sie auf eine merkwürdige Gattung Mensch, die ihnen vom Harz her offenbar nicht bekannt ist: halbe Arbeiter. Diese finden sich nur an einigen Stellen im Grubengebäude. So arbeitet der Steiger Melcher Ahrens auf der Grube Kanekuhl mit fünf halben Arbeitern, Steiger Hans Friedrich auf der Hohewarte ebenfalls, Steiger Elias Maatsch auf der Lüdersüll dagegen hat zwei ganze Arbeiter. Was unterscheidet die halben von den ganzen?


Darstellung von Bergleuten auf dem Rammelsberger Wetterriss von Jochim Christoph Buchholtz von 1680. Wegen der teils extremen Hitze unter Tage sind die Bergleute nur spärlich bekleidet. Einer von ihnen streift sich mit einem hölzernen „Schweißmesser“ den verkrusteten Schmutz vom Körper. Foto: G. Drechsler

Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein wurden im Rammelsberg die Erze durch Feuersetzen gelöst, bei dem das Erz sich ausdehnte, beim Erkalten wieder zusammenzog und dadurch aus dem Verbund gesprengt wurde. Folge dieser Praxis waren hohe Temperaturen unter Tage. An manchen Örtern waren diese so hoch, dass Arbeiter dort nur eine halbe Schicht lang eingesetzt werden konnten, was sie zu „halben Arbeitern“ machte. „Damit nun ein Arbeiter die Hitze nicht immerfort, sondern wechselweise haben möge, ist von undenklichen Jahren her in Observanz gehalten worden, dass die Arbeiter verteilt, vormittags in die heißen, nachmittags in die kühlen Schichten angewiesen werden. […] Und weil sie halbe Arbeiter genannt werden, wird ihnen auf zwei Gruben ihr Lohn, also auf jeder Grube 15 Groschen, geschrieben. Ganze Arbeiter haben hierselbst 30 Groschen Lohn.“ Den Oberharzer Bergbedienten scheint diese Erläuterung wichtig gewesen zu sein, daher haben sie sie in ihr Protokoll aufgenommen.


Keine „halbe Arbeit“: Mitarbeiter des Projekts „Altbergbau 3D“ unter Tage im Rammelsberg. Foto: A. Schmidt-Händel

Dieser Tage, 250 Jahre später, neigt sich das Forschungsprojekt „Altbergbau 3D“, bei dem Historiker, Archäologen, Markscheider, Informatiker und Fotografen – finanziell unterstützt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung – drei Jahre lang gemeinsam über den Rammelsberg gearbeitet haben, seinem Ende zu Im Zuge ihrer Arbeit stießen die Historiker in den Archiven auch auf solche – nicht gesuchte, aber dennoch aufschlussreiche – Informationen, wie die oben erwähnte. Was bei den Forschungen noch so alles zutage trat und wie diese Erkenntnisse verarbeitet wurden, darüber informieren die Projektbeteiligten auf verschiedenen Wegen in den nächsten Wochen und Monaten. Also: Augen aufhalten!

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