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Einmal Erzgebirge und zurück. Historische Migrationsbewegungen von Bergleuten zwischen zwei großen Montanregionen

Am 6. Juli 2019 um 14.40 Uhr deutscher Zeit beschloss die UNESCO auf ihrer Jahrestagung in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku die Montanregion Erzgebirge/Krusnohorí  auf die Liste des Weltkulturerbes der Menschheit zu setzen. Wir freuen uns sehr mit den Kolleginnen und Kollegen im Erzgebirge, die dies nach hartem und unermüdlichem Ringen geschafft und erreicht haben.

Insgesamt 22 ausgewählte Denkmäler und Orte (17 auf deutsch/sächsischer und 5 auf tschechischer Seite) bezeugen die wichtigsten Bergbaugebiete und Epochen aus insgesamt 800 Jahren Geschichte des sächsisch-böhmischen Erzbergbaus.

Die Geschichte des Bergbaus im Erzgebirge ist an vielen Stellen eng mit der Geschichte des Bergbaus im Harz verbunden. Neben einem stetigen beiderseitigen Technologietransfer war dies vor allem die Migration von Bergleuten samt ihren Familien zwischen den Revieren. [1]

Im 13. Jahrhundert wurden die Oberharzer Gruben hauptsächlich händisch mit Bulgen entwässert. Agricola 6. Buch aus »De re metallica libri XII«

In wesentlichen waren es zwei sich bedingende Ursachen, welche die Harzer Bergleute ab der Mitte des 13. Jahrhunderts dazu veranlassten ihre angestammten Orte und Reviere in Richtung des heutigen Sachsen zu verlassen.

Zum einen befand sich der Bergbau im Harz zu diesem Zeitpunkt in einer wirtschaftlich angespannten Situation. Die erreichten Teufen in den Gruben (50+x m) konnten mit den vorhanden Mitteln (meist per Hand mit sog. Bulgen) nicht mehr ausreichend entwässert und bewettert werden, was die Arbeit unter Tage fast unmöglich brachte.

Zum anderen folgten die Harzer Bergleute damit den hoffnungsvollen Nachrichten aus dem Erzgebirge, wonach sich rund um Freiberg  neue reichhaltige Lagerstätten aufgetan hatten, was schon ab Mitte des 12. Jahrhunderts als sog. „Erstes Berggeschrey“ in die Montangeschichte des Erzgebirges einging. Um die Migration der Harzer Bergeleute attraktiv zu gestalten, waren sie nach der Ansiedlung in ihrer neuen Heimat von fast allen Abgaben befreit. Der Bergbau im Harz und zugehörige Wirtschaftszweige wie das Hüttenwesen kamen zu diesem Zeitpunkt faktisch zum Erliegen.

Der Holzschnitt von 1556 zeigt Bergleute bei der Erzsuche. Agricola 2. Buch aus »De re metallica libri XII«

Erst knapp  300 Jahre später wurde durch den Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, Heinrich dem Jüngeren, versucht, den Bergbau im Oberharz wieder zu reaktivieren. Hierzu wurden Fachkräfte gebraucht, die es in Harz kaum noch gab. Um für den Zuzug von Bergleuten Anreize zu schaffen, erklärte er am 16. Juni 1524 sein Territorium, des heutigen Gebiet der Gemeinde Bad Grund und wenige Jahre später die Gebiete der heuteigen Wildemann, Lautenthal und Zellerfeld für „bergfrei[1]“. Durch diesen Rechtsakt, der sich an der kursächsischen Annaberger Bergverordnung von 1509 orientierte, löste der Herzog die Bodenschätze von seinem Grundeigentum. Das bedeutete in der Folge, dass jedermann in dem entsprechenden Gebiet nach Erzen graben durfte, allerdings reguliert unter amtlicher Aufsicht, mit entsprechenden Vorschriften und Abgaben an den herzoglichen Hof. [2]

Unter anderem zog dadurch eine Vielzahl von sächsischen Bergleuten in den Harz. Dieser Zuzug von Fachkräften und neue technologische Verfahren, wie die Einrichtung moderner Pumpen ermöglichten den Beginn der wichtigsten und wirtschaftlich stärksten Epoche  des Bergbaus im Oberharz. Die Ansiedlung der Bergleute führte in direkter Folge auch  zu der Gründung der oben genannten vier Bergstädte[3].

Parallel begannen die Arbeiten an einem auf Wasserkraft basierenden Energiesystem zur Entwässerung der Gruben und der Erzförderung nach über Tage. Dieses System, was in den folgenden 300 Jahren stetig ausgebaut und verfeinert wurde, ist seit dem Jahr 2010 Teil des Gesamtwelterbes im Harz. Es handelt sich um das System der Oberharzer Wasserwirtschaft, welches bis heute als sichtbares Zeugnis des Harzer Bergbaus die Landschaft im Oberharz prägt.

[1] Ausführlich zu Bergfreiheit im Oberharz, siehe: Bartels Christof und Slotta Reiner Hrsg, Geschichte des deutschen Bergbaus . band 1 der alteuropäische Bergbau: von den Anfängen bis in die Mitte des 18. Jahrhundert, Münster 2012, S. 355 – 372.

[2] Vgl. hierzu ausführlich u.a. in: Bartels, Christoph; das Erzbergwerk Grund. Die Betriebsgeschichte des Werkes und seiner Vorläufergruben Hilfe Gottes und Bergwerkswohlfahrt von den Anfängen im 16. Jahrhundert bis zur Einstellung 1992, hrsg. von Preussag AG Metall, Goslar 1992, S. 14 ff.

[3] Vgl. Moirch M.; Kleine Chronik der Oberharzer Bergstädte und ihres Erzbergbaus, 3. erweiterte und überarbeite Aufl., Clausthal-Zellerfeld 1954, S.8 ff.

Oberharzer Speicherteiche. Seit August 2010 ist das die Oberharzer Wasserwirtschaft gemeinsam mit der Stadt Goslar und dem Bergwerk Rammelsberg Weltkulturerbe.

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