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Corona, Kultur und Respektlosigkeit

Die abermalige Schließung der Museen der Bundesrepublik Deutschland am 2. November 2020 war eine politische Entscheidung.

Die musealen Einrichtungen waren nachweislich nicht Orte der Verbreitung von Corona-Infektionen, die Häuser hatten zum Teil über Monate hinweg differenzierte Hygienekonzepte konzipiert und ihren Besucher- und Führungsbetrieb umorganisiert. Neue Führungsformate waren entstanden, Mitarbeiter*innen hatten mit kreativen Ideen den Besuchern nicht nur virtuell neue Horizonte eröffnet und selbst an besonderen Orten, wie den untertägigen Anlagen des Weltkulturerbe Rammelsberg in Goslar, war es aufgrund hoher Investitionen und der Einbringung neuer Lüftungstechnik freier von Aerosolen als in mancher Fußgängerzone.
Trotz dieser – vor dem Hintergrund des Geschilderten – scheinbaren Fehlentscheidung, ist der Beschluss der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidenten der Länder richtig. Bei steigenden Inzidenzen gilt es das Zusammentreffen vieler Menschen an einem Ort zu vermeiden, um die Infektionspotentiale zu minimieren und eine Kontaktbeschränkung umzusetzen.

Wir sollten als Museumsmacher so realistisch sein zu erkennen, dass bei einer hohen Infektionsdichte über kurz oder lang auch wir zu Verbreitungsorten geworden wären; bei beispielswiese bis zu 800 Besuchern täglich am Weltkulturerbe Rammelsberg, hätten auch wir Probleme bekommen die Prozessabläufe auf Dauer auf einem hohem Sicherheitsniveau zu gestalten.

Das heißt, die Museumseinrichtungen der Bundesrepublik Deutschland leisten an dieser Stelle einen solidarischen Beitrag zum Erhalt der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger und zur Aufrechterhaltung der sozialen und wirtschaftlichen Funktionsfähigkeit.
Wer solidarisch handelt, darf allerdings auch Respekt verlangen und erwarten.
Bezüglich ihrer Lockdown Verordnung zum 2. November 2020 benennt die Bundesregierung als zu schließende Bereiche „… Institutionen und Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung zuzuordnen sind (…) und ähnliche Einrichtungen“. Museen sind keine Freizeitparke, Fitnesscenter oder Eventlandschaften. Museen sind Träger der Kultur über nationale Grenzen hinweg, sie üben gesellschaftlichen Diskurs ein und vermitteln Werte und Normen. Und sie sind Bildungseinrichtungen – als Welterbestätte wie das Weltkulturerbe Rammelsberg haben sie sogar einen explizierten Bildungsauftrag der Vereinten Nationen. Museen unterscheiden sich also sehr deutlich von Freizeiteinrichtungen beliebiger Couleur.

Rund 7.000 museale Einrichtungen gibt es in der Bundesrepublik Deutschland, sie repräsentieren in ihrer Vielfalt, wie kaum andere Institutionsformen dieser Republik, das vermeintliche Land der „Dichter und Denker“. Jährlich besuchen mehr Menschen die Museen der Republik, als in die Arenen der 1. und 2. Fußballbundesliga strömen. Museale Kultur ist gesellschaftspolitisch solidarisch aber sie verdient eine politische Umgehensweise gemäß ihres gesellschaftlichen Stellenwertes.

Im neuen Infektionsschutzgesetz der Bundesregierung vom 19. November 2020, scheint die „Schräglage zur Kultur“ erkannt worden zu sein. Hier wird ausgeführt, dass die Schließung von kulturellen Orten einer gesonderten Begründung bedürfe, da deren Tätigkeiten grundrechtsrelevant seien.

Ein respektvolles Glückauf sendet Ihnen

Ihr Gerhard Lenz

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