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Barrierefreiheit in einem Besucherbergwerk?!

Der Begriff „Barrierefreiheit“ in einer Industrieanlage oder auch einem Bergwerk, wie dem Rammelsberg, bezieht bzw. bezog sich weniger auf die dort arbeiteten Menschen, sondern auf die Maschinen, die eine entsprechende Infrastruktur benötigen um eine wirtschaftliche Wirkung erzielen zu können. 
Wegen der hohen solidarischen Verbundenheit der Bergleute untereinander, spielte der Mensch ebenfalls eine wichtige Rolle. Schon seit dem Mittelalter gab es am Rammelsberg eine Kasse, in die jeder Bergmann den sog. „Büchsenpfennig“ einzahlte. Das gesammelte Geld stand u.a. Invaliden zu, die nur noch über Tage für deutlich weniger Lohn arbeiten konnten.
Bis in die Gegenwart wurden für Kollegen Vorkehrungen getroffen, sodass sie trotz einer Beeinträchtigung ihrer Arbeit nachgehen konnten. So wurde der Führerstand der Schrägförderanlage so umgebaut, dass dieser von einem Kollegen bedient werden konnte der einen Arm verloren hatte. Aber auch sprachliche Barrieren im Betriebsablauf wurden überwunden. Noch heute findet man eine Vielzahl von mehrsprachigen Warn- und Sicherheitsschildern für die türkischen und spanischen Kollegen, die ab den 1960er Jahren am und im Rammelsberg arbeiteten.

„Rollimobil“ an der Grubenbahn, Rammelsberg

Durch die Umwandlung des Bergwerkes Rammelsberg in ein Museum und Erlebnisort kam dem Begriff „Barrierefreiheit“ natürlich eine ganz andere- nämlich seine eigentliche- Bedeutung zu. Und am Rammelsberg bedeutet das in erster Line, die Schaffung von rollstuhlgerechten Lösungen.
In der Anfangsphase des Museums mussten entsprechende infrastrukturelle Maßnahmen getroffen werden, um einen Besucherverkehr von inzwischen über 100.000 Gästen pro Jahr überhaupt zu ermöglichen. Seien es die neuen Sanitäranlagen oder das Schaffen von Wegen durch die ehemalige Industrieanlage. Bei all diesen Maßnahmen wurde die Erreichbarkeit für Personen in Rollstühlen oder anderen Gehbeeinträchtigungen von Vornherein mit eingeplant. So wurde beim dem Umbau ein rollstuhlgerechtes WC installiert, was auch mit einem Kinderwagen befahrbar ist, wo sich auch der Wickeltisch für die ganz kleinen Gäste befindet.

Aber auch vorhandene Strukturen wurden so umgestaltet, dass sie rollstuhlgerecht werden konnten. Ein prominentes Beispiel hierfür ist das „Rolli-Mobil“, ein speziell umgebauter Grubenbahnwagen, der es zwei Rollstuhlfahrern ermöglicht, an der unter Tage-Führung teil zunehmen. Neben dem „Rolli-Mobil“ wurden in den letzten Jahren eine Vielzahl von kleinen Maßnahmen durchgeführt worden, deren Aufzählung den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde. Zusammenfassend kann man sagen, dass bereits ca. 70% der für Besucher zugänglichen Bereiche rollstuhlgerecht ausgelegt sind. Eine Aufzählung finden Sie hier!

Neben konkreten Maßnahmen, die zur Schaffung von Barrierefreiheit geplant und durchgeführt wurden, können sich Maßnahmen auch erst in der Folge als Lösung herausstellen!  Ein Beispiel am Rammelsberg ist die Wiederinbetriebnahme des sog. Schrägaufzuges im Jahr 2014. Ein ursprünglicher Lastenfahrstuhl, der heute für den Personentransport ausgelegt ist und den Aufstieg von über 250 Stufen erspart. Der Einsatz erlaubt es auch Rollstuhlfahren die ehemalige Erzaufbereitungsanlage in Gänze zu erleben.

Seit April 2016 ist der Rammelsberg als Ort offiziell auch für den Bereich Rollstuhlfahrer und Personen mit Gehbeeinträchtigung mit dem deutschlandweiten Zertifikat „Reisen für Alle“ ausgezeichnet und vor kurzem erfolgreich für die kommenden drei Jahre rezertifiziert wurden. Es handelt sich hierbei um keine Selbsteinschätzung des Rammelsberges. Vorausgegangen ist ein aufwendiges Prüfungsverfahren; die Daten und Angaben zur Barrierefreiheit wurden von externen, speziell geschulten Erhebern vor Ort begutachtet und geprüft. Die Daten zur Barrierefreiheit liegen im Detail vor und können von Gästen eingesehen werden. Zudem haben zwei  Mitarbeiter an einer Schulung zum Thema „Barrierefreiheit als Qualitäts- und Komfortmerkmal“ teilgenommen.

Die Schaffung von Barrierefreiheit in einer Kultureinrichtung darf niemals ein Projekt, sondern muss immer ein Prozess sein. Wenn Sie diesen Prozess unterstützen wollen, haben wir in der Lohnhalle eine Spendenbox installiert. Diese „Büchsenpfennige“ kommen der Anschaffung von Rampen für die Ausstellungsbereiche zu Gute. Vielen Dank!

Spendenbox in der Lohnhalle, Rammelsberg

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