In lockerer Folge wollen wir uns mit Gerüchten und Einschätzungen befassen, die das Bild des historischen Rammelsberger Bergbaus bestimmen, mittlerweile längst widerlegt sind und dennoch weiterhin ein fröhliches Eigenleben führen.
Heute:
„Im Jahre 968 wurde der Bergbau am Rammelsberg erstmals urkundlich erwähnt.“
Tatsächlich?
Tatsächlich gibt es keine Urkunde zur Erstnennung des Rammelsberger Bergbaus. Die Quelle, auf die sich die Aussage bezieht, ist eine erzählende, nämlich die Sachsengeschichte (res gestae Saxonicae) des adligen Mönchs Widukind von Corvey, der im ersten Drittel des 10. Jahrhunderts geboren wurde, in den 940er Jahren in den Corveyer Konvent eintrat und seine Chronik zeitnah nach dem vermeintlichen Datum schrieb. Der Rammelsberg wird darin nicht namentlich genannt, lediglich der Hinweis auf Silberadern, die König Otto im Sachsenlande erschlossen habe („terra Saxonia venas argenti aperuerit“). Das Jahr 968 als Beginn des Rammelsberger Bergbaus wird hier und in anderen zeitgenössischen Quellen ebenfalls nicht erwähnt, kann allerdings aufgrund datierbarer Geschehnisse erschlossen werden. Mit Hinweis auf alte Chronisten schreibt schließlich der Wildemanner Pastor Hardanus Hake gegen Ende des 16. Jahrhunderts, dass unter Otto dem Großen (912-973) der Bergbau am Rammelsberg aufgenommen wurde. Hake ging davon aus, dass mit den Silberadern in Sachsenlande nur der – zu seiner Zeit wegen seiner silberhaltigen Bleierze in hoher Blüte stehende – Rammelsberg gemeint sein könne.
Aber!
Spätestens durch die Ergebnisse der archäologischen Grabungen bei Düna am Südharz (1981-1985) ist belegt, dass der Bergbau am Rammelsberg mindestens 600 Jahre älter ist als bisher angenommen. Blei-Isotopen-Analysen, vorgenommen an bronzenen Schmuckscheiben aus der Zeit um 1060 v. Chr., lassen zudem vermuten, dass bereits in der Bronzezeit am Rammelsberg Erz gewonnen wurde. Gegen die griffige Jahreszahl 968 haben es diese Erkenntnisse dennoch schwer. Dies umso mehr, weil zu ihr die schöne Geschichte des sagenhaften Ritters Ramm passt, dessen Pferd zu Ottos Zeiten mit scharrenden Hufen eine Silberader freilegte.
Allerdings ist davon auszugehen, dass um das Jahr 1000 starke Veränderungen im Rammelsberger Bergbau einsetzten. Wahrscheinlich ist dies die Epoche, in der die Montanen, die unter königlicher Oberhoheit am Rammelsberg gruben, vom Tagebau zum Tiefbau übergingen.
Auch 2012 werden die archäologischen Grabungen am Ausbiss des Alten Erzlagers, die in den vergangenen Jahren bereits manche Überraschung zutage gefördert haben, fortgesetzt. Wir sind gespannt auf das, was kommt!
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