UNESCO Logo

Besucher: Schön, dass Sie da sind! Aber wer sind Sie eigentlich? – Besucherorientierung im Weltkulturerbe Rammelsberg

Für lange Zeit wurde in den Museen dieser Welt den Besuchern wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Institutionen konzentrierten sich auf ihre klassischen Aufgabenstellungen Sammeln, Bewahren, Erforschen und Präsentieren.
Dabei kam lediglich beim Punkt der Präsentation dem Besucher eine gewisse Rolle zu. Dabei sind doch gerade die Besucher, die Nutznießer unserer Arbeit und deren Interesse der Garant für den Erhalt unserer Häuser. In den letzten Jahren gab es jedoch einen nötigen Wandel in der Wahrnehmung.
Heute findet das Konzept von Besucherorientierung in vielen öffentlich geförderten und privaten Kulturinstitutionen Anwendung und hat einen wichtigen Stellenwert sowohl im Marketing als auch in der Konzeption von Ausstellungen. Besucherorientierung gilt nun als Qualitätsmerkmal zeitgemäßer Museumsarbeit.
Diese zeichnet sich durch zwei Teilbereiche aus. 1. Evaluationen, die die Substanz eines Angebotes und dessen Wahrnehmung durch den Besucher erforschen. 2. Besucherforschung, die sich auf  Elemente der Besucherstatistik konzentriert.

Wir am Rammelsberg haben uns in unseren Bemühungen in einem ersten Schritt für die klassische Besucherforschung entschieden. Doch schon die sich so einfach anhörenden Hauptfragen der Besucherforschung entpuppen sich bei genauerem Hinsehen zu komplexen Fragestellungen, deren Beantwortung alles andere als einfach ist.

Von wohl höchstem Interesse für moderne Museen sind dabei die folgenden Fragen:
Wie motivieren wir Besucherinnen und Besucher zu uns zu kommen? Und: Was hindert Menschen daran uns zu besuchen? Wie erzeugen wir Interesse und Begeisterung? Wie erreichen wir eine langfristige Bindung unserer Besucherinnen und Besucher an unser Haus?

Oft liest man in Bezug auf die Besucherforschung von dem Problem der Betriebsblindheit der Akteure. Man ist als Museumsschaffender schnell davon überzeugt, ganz genau zu wissen, wer seine Besucher sind und was sie sich wünschen. So war es auch bei uns am Rammelsberg.
Es bildete sich aus Beobachtungen eine Meinung heraus, die nicht auf verifizierbaren Belegen beruhte. Diese ging davon, dass ein Großteil unserer Besucherinnen und Besucher aus einem Umkreis von 100 km zu uns kämen.
Dies und eine geplante generelle Neuaufstellung unserer Marketingbemühungen nahmen wir zum Anlass, uns mit den Methoden der Besucherforschung auseinanderzusetzen. Diese teilen sich in drei Hauptpunkte: Befragungen, Beobachtungen und Sekundäranalysen.

Andere Häuser haben inzwischen ganze Abteilungen, deren alleinige Aufgabe die Erforschung der Besucher und Evaluation der Angebote ist.
Uns standen für die Beantwortung unserer Fragen jedoch nicht so umfangreiche Ressourcen zur Verfügung, deshalb suchten wir uns zunächst zwei niedrigschwellige Maßnahmen aus.
Zum einen begannen wir mit der Abfrage von den Postleitzahlen der Heimatorte unserer Besucher. Zum anderen erstellten wir einen kleinen Fragebogen, den wir seit Juli an unsere Gäste ausgeben.

Abb. 1 Fragebogen Vorderseite
Abb. 2 Fragebogen Rückseite

Doch auch mit diesen vergleichsweise einfachen Methoden haben nach einigen Monaten erste interessante Erkenntnisse gewinnen können.

Die Ergebnisse zum Anreiseweg unserer Besucherinnen und Besucher machen deutlich, wie wichtig fundierte Datenerhebungen für einen Museumsbetrieb sind. Die erwähnte Grundannahme, dass unsere Gäste großteils aus einem Umkreis von 100 km zu uns kommen ist deutlich revidiert worden. Siehe Abbildungen 3 und 4. Damit ergeben sich z.B. andere Wirkungskreise für unser Marketing und die Öffentlichkeitsarbeit.


Abb. 3 Entfernung zum Heimatort laut Postleitzahlenabfrage 24.12.2018-25.10.2019

Abb. 4 Entfernung zum Heimatort laut Fragebogen Erhebnung 03.07.2019-23.09.2019

In einer sich immer schneller wandelnden Gesellschaft, in der die Wege der Informationsbeschaffung immer diverser werden, sind die Erkenntnisse über das Informationsverhalten unserer Gäste von hoher Bedeutung. Für uns ist es wichtig zu wissen, durch welche Kanäle wir Kontakt zu unseren Besuchern aufnehmen können. Hierbei können uns nun die Antworten aus unserer Befragung weiterhelfen. (Siehe: Abb. 5)


Abb. 5 Antworten zu Frage 1 des Fragebogens: Wie haben Sie von uns erfahren? 03.07.2019-23.09.2019

Für die Weiterentwicklung unserer Angebote und Programme helfen uns die Erkenntnisse zu den Altersstrukturen und den Erwartungen unserer Besucherinnen und Besucher.

Die ersten Ergebnisse unserer Befragung ergeben die Annahme, dass sämtliche Altersgruppen bei uns relativ gleichmäßig vertreten sind, mit Ausnahme von Kindern und Jugendlichen, die fast ¼ der Befragten ausmacht. Hier könnte man allerdings annehmen, dass Kinder und Jugendliche mehr Freude am Ausfüllen der Fragebögen haben als Erwachsene und deshalb ihr Anteil in den Antworten überdurchschnittlich hoch sein könnte. Um diese Angaben zu verifizieren sollten also in einem weiteren Schritt andere Methoden als Backup genutzt werden, z.B. eine Beobachtung.


Abb. 6 Angaben zum Alter der Befragten. 03.07.2019-23.09.2019

Gerade wir als UNESCO-Weltkulturerbe müssen uns sorgfältig auseinandersetzen mit der Gradwanderung zwischen Erhaltung des authentischen Ortes, Wissensvermittlung und der Wahrnehmung unseres Standortes als Erlebnisort.

In den ersten Ergebnissen der Befragung ist genau dieser Punkt nochmal deutlich geworden. Wir werden mehr als Ort für das besondere Erlebnis wahrgenommen, denn als Museum. Trotzdem besteht auch bei unseren Besucherinnen und Besuchern ein immer wieder bekundeter Wunsch nach Erhaltung der Authentizität.


Abb. 7 Angaben zum Anlass des Besuchs laut Frage 2 des Fragebogens. 03.07.2019-23.09.2019

Wir sind gespannt welche Erkenntnisse wir noch gewinnen werden.

Vielen Dank an unsere Besucherinnen und Besucher, die uns durch die Beantwortung der Fragen unterstützen und natürlich auch an alle Kolleginnen und Kollegen, die bei der Durchführung und Auswertung der Besucherforschung so fleißig mithelfen.

 

Autorin: Jessica Jansen

Verwandte Beiträge:

  • Keine verwandten Beiträge vorhanden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

*