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Von „Mord und Totschlag“ – Streit am Berg

Wenn man sich mit der Geschichte Goslars und insbesondere des Rammelsberges befasst, stößt man über kurz oder lang auf den Namen Johann Thurzo.[1] Der bergbaukundige Unternehmer und Ratsherr aus Krakau – bekannt besonders durch die Fugger-Thurzosche-Handelsgesellschaft um die Wende zum 16. Jahrhundert – war von 1478 bis 1496 mit wechselnden Mitgesellschaftern am Rammelsberger Bergbau beteiligt. Grund für seine Tätigkeit waren die bis dahin nur mäßig erfolgreichen Versuche des Rates, das Bergwerk zu sümpfen. Die tieferliegenden Gruben standen seit der Mitte des 14. Jahrhunderts unter Wasser, so dass etliche auswärtige Experten nach Goslar geholt wurden.[2]

Im Stadtarchiv Goslar finden sich Dokumente, die die Ereignisse dieser Zeit lebendig werden lassen. Dazu zählt beispielsweise eine Vielzahl von Beschwerdebriefen, die der Mitgesellschafter Thurzos, Johann Pedick verfasst hat.[3] In einem Schreiben, das Pedick an den Rat der Stadt gerichtet hat, schildert er die Anfänge der Gesellschaft sowie das folgende Zerwürfnis mit anderen am Rammelsberg tätigen Grubenherren. In dramatischer Weise beschreibt er, was ihm in diesem Zusammenhang alles widerfahren ist.


Beschwerdebrief Pedicks, Stadtarchiv Goslar, Bergwerksurkunden, B 8691, Bergbau II,11

Pedick betont, dass die Initiative zum Engagement am Rammelsberg auf ihn zurückzuführen sei, wobei er bereits zu Beginn der Unternehmung in Lebensgefahr schwebte: „Item ich habe auch in das Land gen Ungarn reiten müssen nach den Kupferschmelzern, Meister Micheln und Meister Nickeln, die ich mit großem Abenteuer und Wagnis meines Leibes und Lebens kaum heraus brachte gen Goslar, als ich mich mit ihnen aus dem Lande weg stehlen musste; der Gubernator in Ungarn wollte uns haben töten lassen, darum dass man Ungarn nicht schaden täte mit neuen Kupferbergwerken …, dass ihre Kupfer nicht unlieb und wolfeil würden.“[4]

Die Ereignisse um Pedicks Tätigkeit spitzen sich zu, als er sich mit dem Vorwurf konfrontiert sah, beim Bau einer neuen Wasserkunst in der Grube Redding, die an andere Bürger verliehen war, dort unrechtmäßig Erze abgebaut zu haben. Abbaurechte besaß Pedick lediglich für die tiefer gelegenen Bereiche.

Der Streit eskalierte und Pedick schildert die folgenden Begebenheiten derart: „Ebenso, ehrsamer Herr Bürgermeister, als eure Weisheit, … eure Amtsleute des Berges, und etliche Personen der Ratsliste in den Berg einfuhren, da forderte euer Stadtvogt Hans Kannengießer im Auftrag des Rates die Schlüssel von der neuen Kunst, die ich im Redding bauen wollte, von mir. Also wollte ich mit ihnen in den Berg einfahren und hätte ihnen selbst aufschließen wollen und sie unterwiesen und ihnen erklärt, wie ich die Kunst bauen und einrichten wollte. Sie wollten jedoch nicht, und Kannengießer sprach, ich sollte heraußen bleiben. Also musste ich die Schlüssel unter Gewalt herausgeben … Kannengießer, der Stadtvogt sprach danach zu mir, dass ich, wenn ich nicht aus dem Berg heraußen geblieben wäre und mit … eingefahren wäre, sie mich in einen Schacht hätten werfen wollen“


Wasserkunst, aus: Georgius Agricola, De re metallica libri XII., übers. u. bearb. v. Carl Schiffner, 3. Aufl. Düsseldorf 1961, Abb. S. 168.

„Auch ist mir … [Peter] Grymmer dazu in euerer kaiserlichen Stadt auf der freien Straße in den Weg gelaufen und hat mich mit seinen bösen lästerlichen Worten übel gescholten und wollte mich dazu mit seinem Messer bedrohen“

„Ebenso ließ er mich danach von seinen Arbeitern mit Messern … vom Berg bis in die Rathshütte jagen und wollte mich erschlagen und ermorden lassen; also sorgte ich mich und blieb in der Rathshütte, da ist Grymmers Arbeiter … in die Stadt gegangen und kam mit einer gespannten Armbrust auf der freien kaiserlichen Straße bis vor die Hütte und wollte mich ermorden und erschießen.“

Inwieweit Johann Pedick, der in seinen Briefen der Tat einen etwas streitsüchtigen und melodramatischen Eindruck erweckt, diese Schilderungen übertrieb, lässt sich aus heutiger Sicht nicht mehr beurteilen. Er hat diesen Aufenthalt in Goslar jedenfalls unbeschadet überstanden, wie aus der Unzahl weiterer Briefe hervorgeht, die er in dieser Angelegenheit noch an zahlreiche Angehörige von Räten, Gilden oder auch Fürstenhäusern schrieb.

Autorin: Dr. Astrid Schmidt-Händel


[1] Reinhardt, Emil. Johann Thurzo von Bethlemsalva, Bürger und Konsul von Krakau, in Goslar 1478-1496. (Beiträge zur Geschichte der Stadt Goslar, Heft 5). Goslar 1925.

[2] Bornhardt, Wilhelm. Geschichte des Rammelsberger Bergbaues von seiner Aufnahme bis zur Neuzeit (Archiv für Lagerstättenforschung, Heft 52). Berlin 1932.

[3] Stadtarchiv Goslar, Bergwerksurkunden, bes. Bestand B 8691-8694 (Bergbau II-V).

[4] Stadtarchiv Goslar, Bergwerksurkunden, B 8691, Bergbau II,11 (Schreibung und Begriffe hier angepasst). Hierzu siehe auch Schmidt, Ursula. Die Bedeutung des Fremdkapitals im Goslarer Bergbau um 1500 (Beiträge zur Geschichte der Stadt Goslar, Heft 27). Goslar 1970.

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