Wie es in der Wissenschaft üblich ist, geben Ergebnisse nicht nur Antworten, sondern werfen wieder neue Fragen auf. So ging es uns in diesem Jahr auch bei den archäologischen Grabungen im Alten Lager, die Dank der Unterstützung durch die Caritas und das Job-Center Goslar weitergeführt werden konnten.
Die Grabungsschnitte hatten 2011 teilweise schon eine ordentliche Tiefe erreicht, so dass zum Grabungsbeginn ein umfangreicher Maschineneinsatz unumgänglich war, wollten wir ohne Gefahr in tiefere, also ältere Schichten vordringen. Mit dem Bagger wurden die umgebenden neuzeitlichen Halden abgetragen und damit eine Arbeitsfläche für die nächsten Jahre geschaffen, die es ermöglicht, in die nur wenig unter dem aktuellen Niveau erwarteten Horizonte des 10./11. Jahrhunderts vorzudringen.
Kooperation mit der Universität Hannover
Die dabei freigelegten Schichten wurden in bewährter Zusammenarbeit im Rahmen eines Praktikums des Instituts für Anorganische Chemie der Leibniz-Universität Hannover untersucht und kartiert, damit die verschiedenen Haldenkörper charakterisiert werden können.
Die Grabungsarbeiten – es standen fünf Mitarbeiter zur Verfügung – sollten sich auf den Bereich der im letzten Jahr entdeckten Installation aus bisher drei rutschen- oder rampenartigen Bohlen konzentrieren.
Eine archäologische Überraschung
Die Erweiterung in Richtung auf das Liegende zu brachte dann die Überraschung: Regelmäßig nebeneinander liegende, gleich lange zugespitzte Hölzer entpuppten sich als bergmännisches Getriebe, die Balken mehrerer Türstöcke sicherten die Konstruktion ab. Das heißt, wir konnten in dieser Grabungskampagne die Firste eines Stollens freilegen, der von einer schachtartigen Anlage auf das Liegende zu führt. Im Liegenden war bereits letztes Jahr ein Bruch beobachtet worden, der nun die Fortsetzung des Stollens durch den Schiefer zu markieren scheint. Die Firste ist zum Liegenden hin stark beschädigt, was darauf hinweisen könnte, dass hier der Stollen eingebrochen ist.
Die außergewöhnliche Anlage ist für den Archäologen eine vielfache Herausforderung. Die Dokumentation mit den standardisierten Methoden des TRIGOMAT ist die selbstverständliche Grundlage, bei einem solchen Befund ist jedoch mit den zum Teil hervorragend erhaltenen Hölzern auch an eine mögliche museale Präsentation zu denken.
Bergung und Sicherung der Funde
Zunächst kam das Institut für Geotechnik und Markscheidewesen der TU Clausthal zu Hilfe und fertigte eine erste dreidimensionale Aufnahme des Befundes an. Anschließend konnten die freiliegenden Hölzer noch vor dem ersten Frost geborgen und in Räumlichkeiten des Rammelsberg-Museums zwischengelagert und einzeln dokumentiert werden. Danach fanden sie im „klimatisierten“ Stollen ein erstes Zwischenlager.
Neue Funde – neue Fragen
Natürlich stellt sich hier die Frage, was eine solche Installation zu bedeuten hat. Hatten die ersten 14C-Analysen auf eine Datierung in das 14. Jahrhundert gewiesen, konnten die jetzt vom Dendrochronologischen Labor DELAG in Göttingen untersuchten obersten Hölzer in die 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts datiert werden. Dabei wird die weitere Freilegung zeigen müssen, wann der Stollenbau begann und wann er aufgegeben wurde.
Im Augenblick ist denkbar, dass er in die Zeit des 14./15. Jahrhunderts gehört, als wegen der abgesoffenen Gruben unter Tage ein Nachlesebergbau betrieben wurde und wegen der in den alten Tagebau eingebrachten Halden eine Sicherung notwendig war. Herr Bergwerksdirektor a.D. J. Meier weist mich darauf hin, dass es sich auch um einen Hochbruch handeln könnte – die Kampagne 2013 wird wieder spannend …
Geländerekonstruktion zu den Grabungen im Alten Lager
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