Einmal im Jahr werden im Südharzer Klosterort Walkenried – rund eine Autostunde vom Nordharzer Rammelsberg entfernt – alle Kräfte für eine überregional bekannte Großveranstaltung gebündelt: den Klostermarkt Walkenried, der mit seinem besonderen Angebot Jahr für Jahr an einem Wochenende über 10.000 Besucher anzieht. Auch diesen September reisen wieder 25 klösterliche Marktbeschicker aus sieben Bundesländern, aus Österreich und Weißrussland an. So vielfältig wie die hier vertretenen Gemeinschaften ist auch ihr hochwertiges Warenangebot mit breiter Produktpalette.
Zu bestaunen und zu kaufen gibt’s Holz aus Bethlehem, Wein und Saft aus Bayern und aus Österreich, Waren aus Afrika, Herzhaftes und Süßes, Devotionalien und Sekt und Essig, Kunstprodukte, Weihrauch, Kerzen und Ikonen, Wurst und Bier mit Käsestangerln und vieles mehr, aber immer Wichtiges für Körper, Geist und Seele. Viel ist hier von Gastlichkeit und der Lebendigkeit gegenwärtiger Klosterkultur zu spüren.
Das ganze Jahr über und an beiden Klostermarkt-Tagen aber lässt sich hier im ZisterzienserMuseum hinter alten Klostermauern durch die Geschichte wandeln und dabei entdecken, wie fortschrittlich die Walkenrieder Mönche schon im Mittelalter dachten und auch wirtschafteten.
Und so mancher Museumsbesucher zeigt sich zunächst erstaunt, dass ihm hier die mittelalterliche Mönchsgemeinschaft als Rammelsberger Bergherren oder Harzer Hütten- und Forstherren „entgegentreten“.
Die Mönche waren eben nicht nur tiefgläubige Gottesmänner, sondern einst auch clevere Geschäftsleute, so dass am Südharz ein weiträumig agierender „Klosterkonzern“ erwuchs. Dies hinterließ Spuren, auch solche, die dazu führten, dass die Klosteranlage Teil des UNESCO-Welterbes Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft wurde, einst eines der weltweit größten vorindustriellen Energieversorgungssysteme überhaupt.
Die Walkenrieder Gottesmänner hatten für ihre eigene Montanwirtschaft im frühen 13. Jh. im Harz erste Teich- und Grabensysteme konstruiert, deren Prinzip in der Neuzeit Harzer Bergleute aufgriffen. Im Pandelbachtal bei Seesen bzw. in der Nähe des heutigen Ortsteils „Münchehof“ konnten Archäologen einen mittelalterlichen Hüttenplatz der Walkenrieder Mönche ergraben, die dort ihr Rammelsberger Kupfererz mit Hilfe von klug eingesetzter Wasserkraft verhütteten.
Die führende Stellung, die die „göttlich inspirierten Männer von Verstand“, so eine mittelalterliche Goslarer Urkunde, über mehr als 300 Jahre im Oberharzer und im Rammelsberger Montanwesen einnahm, überzeugte das Welterbekomitee der UNESCO.
Von Bedeutung für die Aufnahme in die Welterbeliste war aber auch – im Vergleich mit den auf der UNESCO-Welterbeliste vertretenen Zisterzienserklöstern – die gotische Stilreinheit und nicht zuletzt die überragende bauliche Besonderheit des Klosters, von dem aus die Mönchsgemeinschaft ihre Geschäfte, auch im Bereich der Agrarwirtschaft, betrieb.
Der nördliche Kreuzgangflügel der gotischen Anlage mit seiner Zweischiffigkeit, mit seinem außergewöhnlichen künstlerischem Anspruch und der lichtdurchfluteten Atmosphäre wird noch heute geprägt durch einen unverwechselbaren Hallencharakter. Seit jeher ist er architektonisches Alleinstellungsmerkmal und „Markenzeichen“ Walkenrieds.
In den Sommermonaten und in den Niedersächsischen Ferien ist das ZisterzienserMuseum dienstags bis sonntags und an Feiertagen von 10-17 Uhr geöffnet. Der Klostermarkt, ein Fest für Leib und Seele vor der beeindruckenden Ruine der Klosterkirche und mit Programm für alle Generationen rund um das Kloster, findet statt am 21. und am 22. September 2019 in der Zeit von 10 bis 18 Uhr.
Autorin: Dr. Brigitte Moritz, ZisterzienserMuseum Kloster Walkenried
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