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„Die mussten immer gut geölt werden, sonst quietschte es bald irgendwo“

Aus der Schuhmacherwerkstatt Oberle sind zwei Schuhmacher-Nähmaschinen der „Kochs Adlernähmaschinen Werke A.-G. in Bielefeld“ erhalten. Die ältere Maschine (Baujahr um 1930) mit der Typenbezeichnung „Klasse 30-7e“ übernahm Dieter Oberle Anfang der 1950er Jahre aus der Schuhreparaturwerkstatt am Erzbergwerk Rammelsberg. Diese Nähmaschine wurde hauptsächlich zum Nähen von dickem Oberleder benutzt. Mit ihr konnten laut Gebrauchsanweisung auch „Motor- und Fahrrad-Sättel“  genäht werden. Die jüngere Maschine mit der Typenbezeichnung „Klasse 30-10“ (Baujahr 1977) wurde von Dieter Oberle ab Mitte der 1980er Jahren eingesetzt,  um das immer dünner werdende Oberleder der Schuhe zu nähen. Beide Nähmaschinen werden nicht mit Elektromotor, sondern  mit einem Fußpedal angetrieben.

Adlernähmaschine aus der Schuhmacherwerkstatt Oberle

Die Kochs Adlernähmaschinen Werke AG, gegründet 1860, gehörte zu den ältesten Bielefelder Nähmaschinenfabriken. Die ostwestfälische Stadt am Rande des Teutoburger Waldes war Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts eines der Zentren der deutschen Nähmaschinenproduktion. Die Kochs Adlernähmaschinen Werke hatten frühzeitig, neben der Produktion von Haushaltsnähmaschinen, die Herstellung von Spezialmaschinen für bestimmte Berufsgruppen aufgenommen. In den 1980er Jahren wurde die Firma Kochs-Adler als eigenständiges Unternehmen aufgelöst und fusionierte mit dem noch heute bestehenden Bielefelder Hersteller von Industrienähmaschinen, der Firma Dürkopp zur Dürkopp-Adler AG.

Adlernähmaschine aus der Schuhmacherwerkstatt Oberle in der AusstellungDie Schuhmacher-Nähmaschinen der Kochs Adler AG waren robuste Maschinen, deren technische Ausführung sich jahrzehntelang kaum veränderte. Diese Kontinuität hatte Dieter Oberle veranlasst, eine Kochs Adler-Nähmaschine jahrelang als Ersatzmaschine einzulagern, bevor er sie ab 1985 einsetzte.

Nähmaschinenarbeit war in der Schuhmacherwerkstatt Oberle Frauenarbeit. Die Nähmaschine stand nicht in der Werkstatt, sondern im Vorraum, der sogenannten Nähstube in einer Ecke unter dem Fenster. Marion Oberle berichtete, dass das Nähen eine Arbeit war, die ihr Mann gar nicht mochte. „Alles was mit Nähen zusammenhing legte mein Mann mir dann hin.“ Zu ihren Aufgaben gehörte: Reißverschlüsse annähen, offene Nähte reparieren, Riester annähen, Schnallen befestigen. Auch die Pflege und Wartung der Maschinen gehörte zu ihren Aufgaben. „Die mussten immer gut geölt werden, sonst quietschte es irgendwo und dann konnten sie lange suchen, bis sie den richtigen Ölnippel gefunden hatten“, berichtete Marion Oberle. Geschick verlangte auch das Einfädeln des Oberfadens. Mit einem speziellen Einfädeldraht wurde der Faden durch den Stahlarm der Nähmaschine zur Nadel geführt.Am Tag des offenen Denkmals, am 8. September 2013, wird Marion Oberle anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „83 Jahre im Dienst der Bergleute – Jetzt im Museum. Die Geschichte der Schuhmacherwerkstatt Oberle“ in einem Zeitzeugengespräch über die Arbeit in der Schuhmacherwerkstatt sprechen und u.a. die Arbeit an der Schuhmacher-Nähmaschine demonstrieren.

Abb. 1: Schuhmacher-Nähmaschine der Kochs Adlernähmaschinen Werke A.G, Typ: Kl. 30-7e, Bj. ca. 1930
Abb. 2: Schuhmacher-Nähmaschine der Kochs-Adlernähmaschinen Werke A.G, Typ: Kl 30-10, Bj. 1977

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6 comments on “„Die mussten immer gut geölt werden, sonst quietschte es bald irgendwo“
  1. Polsterei Kaminski sagt:

    Habe für meine Polsterei eine Schusternähmaschine erworben,leider ohne Gebrauchsanweisung.
    Es ist eine Adler Model DRP 30-1 SN 5297 muss es sein.
    Meine Frage ist,kann man dafür noch eine Gebrauchsanweisung bekommen.
    Wenn ja, können Sie mir eine per Mail zukommen lassen.

    Danke

    • Johannes Großewinkelmann sagt:

      Sehr geehrter Herr Kaminski,

      die Dürkopp-Adler AG hat die Kochs-Adler-Werke übernommen und dieses Unternehmen existiert heute noch in Bielefeld. Sie können versuchen, von der Fa. Dürkopp-Adler eine solche Gebrauchsanweisung zu bekommen oder fragen beim Historischen Museum der Stadt Bielefeld an. Das Museum besitzt eine große Nähmaschinen-Sammlung und einige ausgewiesene Experten auf dem Gebiet der Nähmaschinentechnik.

      Ich hoffe, wir konnten Ihnen mit dieser Auskunft weiter helfen und wir wünschen Ihnen
      viel Glück bei der Suche und gutes Gelingen mit Ihrer Adler-Nähmaschine !

      Mit freundlichem Glückauf

      Johannes Großewinkelmann

  2. Hallo, Herr Großewinkelmann,

    die Dürkopp-Adler AG hat Kochs Adler nicht übernommen. Dürkopp fusionierte mit der Kochs Adler AG zur heutigen Firma Dürkopp-Adler. Das ist ein Unterschied.

    Viele Grüße
    Dieter Stötefalke

    • Dr. Johannes Großewinkelmann sagt:

      Sehr geehrter Herr Stötefalke,

      im Blog-Text steht, dass die Unternehmen Kochs-Adler und Dürkopp zu Dürkopp-Adler fusioniert sind. Auf eine Anfrage eines Lesers habe ich den falschen Ausdruck verwendet und von Übernahme gesprochen. Ich bitte dies zu entschuldigen !

      Mit freundlichem Glückauf
      Dr. Johannes Großewinkelmann

  3. Ich habe mich beim Nähen schon versucht. Allerdings wusste ich nicht, dass es auch derart alte Nähmaschinen gibt, die mit einem Fußpedal angetrieben werden! Sogar die Nähmaschine meiner Oma, die sie regelmäßig benutzt, wird elektrisch angetrieben.

  4. alwisius sagt:

    Ich arbeite heut noch mit dieser Maschine. Man könnte sie elektrisch umrüsten. Kann man dann aber nicht mehr gebrauchen, weil in der Schuhreparatur muß man sehr oft nach einige einzelne Stiche schwenken, oft sogar hin und her. Dann bin ich froh, daß man diese Maschine auch mit de Hand drehen kann. Mit Motor würde das gar nicht gehen.

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