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Noch’n Gerücht!

In lockerer Folge wollen wir uns mit Gerüchten und Einschätzungen befassen, die das Bild des historischen Rammelsberger Bergbaus bestimmen, mittlerweile längst widerlegt sind und dennoch weiterhin ein fröhliches Eigenleben führen. Heute:

„1376 starben bei einem Grubenunglück im Rammelsberg 400 Bergleute.“

In seinem Opus 12 Bücher vom Bergwerk (1556) schreibt Georgius Agricola:

„Als einstmals der Rammelsberg bei Goslar zusammenbrach, sind in den Trümmern so viel Menschen umgekommen …, dass an einem Tage etwa vierhundert Frauen zu Witwen wurden.“

Mit gewisser Skepsis erwähnt auch der Goslarer Münzwardein und spätere Braunschweiger Münzmeister Lazarus Ercker in seinem Bericht vom Rammelsberger Bergbau (1565) das Unglück. Berghauptmann Georg Engelhard Löhneyss greift diese Mitteilung 1617 auf und verweist zudem auf den großen Bruch, der noch immer nahe der Bergkuppe zu sehen sei. Ist also doch etwas dran, an dieser Behauptung?

In den frühen Jahrzehnten des Tiefbaus, dessen Beginn wir um das Jahr 1000 veranschlagen, wurden auf den zahlreichen Gruben unkoordiniert gebaut, wobei die Sicherheit häufig zu kurz kam, stehengebliebene Erzfesten über Gebühr angegriffen wurden und auch eine systematische Verfüllung der ausgeerzten Weiten nicht vorgenommen wurde. Die Folge waren Tretungen, Einstürze von Erzweiten, die sich bis zur Bergkuppe fortsetzten.

Solche Tretungen waren seitens der Bergverwaltung durchaus erwünscht, da auf diese Weise ohne Aufwand große Erzmengen hereingewonnen wurden. Für die Bergleute bedeutete das Risiko einer Tretung jedoch tödliche Gefahr, und manch einer von ihnen kam unter herabstürzenden Erzmassen ums Leben. So auch – dem Begräbnisbuch der Frankenberger Kirchengemeinde zufolge – im Jahr 1673 der Steiger Adam Eiben. Er „bekömbt im Berge morgens umb 8 Uhr einen tödtlichen Schaden, indem er von einem großen Schiefer-Patzen, der ihm in den Rücken gefallen, gantz zusammen gedrücket wird. Wird mittags umb 12 Uhr [in die Stadt] herein gebracht undt stirbt umb 3 Uhr nachmittags sanfft undt selig. Wird den 20. [April] begraben. Er war ein frommer und recht aufrichtiger Mann.

Seit der Zeit, da verlässliche Belegschaftszahlen zu den Gruben vorliegen, stellt sich der Rammelsberg als ein Revier dar, in dem nur etwa 130 bis 200 Mann gearbeitet haben; Mitte des 16. Jahrhunderts waren es knapp 190. So furchtbar das Schicksal einzelner Betroffener und so schmerzhaft die Trauer der Hinterbliebenen auch immer gewesen ist, ein großes Unglück mit Hunderten Todesopfern hat es am Rammelsberg nie gegeben.

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